Projekt Zero gehörte für mich zu der gruseligsten und spannendsten Horror-Franchise der PS2-Ära. Leider haben wir Europäer jedoch nie die komplette Franchise kennenlernen dürfen. Nach Projekt Zero 3 war für uns erstmal Schluss, denn Project Zero 4: Die Maske der Mondfinsternis erschien nie außerhalb Japans und Projekt Zero 5: Priesterin des schwarzen Wassers erschien nur für die Wii U. Glücklicherweise begann man im letzten Jahr damit die Franchise wiederzubeleben und portierte zunächst Project Zero 5: Priesterin des schwarzen Wassers für Nintendo Switch, PlayStation 5, Xbox Series, PlayStation 4, Xbox One und PCs via Steam. Nun ist auch endlich der vierte Teil bei uns für alle Plattformen erhältlich und wir können nach 15 Jahren des Wartens endlich Project Zero 4: Die Maske der Mondfinsternis erleben. Aber hat sich das Warten überhaupt gelohnt? Kann das Gameplay von damals heute noch jemanden begeistern und überlebt der Grusel eine solch lange Wartezeit? Die Antworten auf diese Fragen und noch mehr liefere ich euch in meinem Test.
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Eine mysteriöse Entführung
Im Zentrum der Handlung von Project Zero 4: Die Maske der Mondfinsternis steht eine Entführung von fünf jungen Mädchen im Jahr 1970. Sie wurden von dem vermeintlichen Serienmörder Yo Haibara auf eine Insel im Süden von Honshū verschleppt. Glücklicherweise wurden sie vom Kriminalbeamten Choshiro in einer Höhle unter dem Sanatorium gerettet. Zehn Jahre später sterben plötzlich zwei der geretteten Mädchen im Alter von 17 Jahren unter mysteriösen Umständen. Daraufhin kehren die anderen drei Mädchen, Ruka Minazuki, Misaki Asou und Madoka Tsukimori zu der Insel zurück, um ihre verlorenen Erinnerungen zurückzuerlangen. Auf Bitten von Rukas Mutter reist auch Choushiro den Mädchen hinterher, um sie zu finden und nach Hause zu bringen. Doch die Insel scheint verflucht und je mehr sie über die Hintergründe ihrer Entführung erfahren, desto grausiger werden ihre Funde.
Altes Spiel, neuer Glanz
Wie schon erwähnt handelt es sich bei der Neuveröffentlichung von Project Zero 4: die Maske der Mondfinsternis um ein Remaster und kein Remake. Dementsprechend basiert das Grundgerüst des Spiels weiterhin auf der ursprünglichen Wii Version von 2008. Wer nun jedoch ein Pixelbrei erwartet, wird angenehm überrascht sein. Zum einen hat man die Sepia-Töne aus dem Original gegen ein bläuliches Colour-Grading ersetzt, wodurch die Räume deutlich mehr Tiefe erhalten. Auch die überarbeiteten Texturen und Figurenmodelle sind durchaus gelungen, wie man in einem direkten Vergleich zwischen Wii und PS4 sehen kann.
Trotz allem sieht man dem Spiel natürlich dennoch an, dass es etwas älter ist, da vor allem die Texturen aus der Nähe betrachtet sehr unscharf sind. Auch die Modelle sowie deren Animationen wirken gerade aus heutiger Sicht sehr starr und hölzern. Emotionen können von den steifen Gesichtern nur erahnt werden, außer es sind international bekannte Gesten wie ein weitaufgerissener Mund vor Schreck.
Die Steuerung erfuhr ebenfalls eine frischzellenkur, wobei man auch hier klar das Alter und den Ursprung der Wii Steuerung deutlich erkennt. Zwar ist die Kameraführung nicht starr wie in den alten Resident Evil oder ähnlichen Spielen, doch als gelungen kann man dieses hakelige Gefühl am Controller nicht bezeichnen. Vor allem das Absuchen nach Objekten mit der Taschenlampe ist sehr sperrig, gewöhnungsbedürftig. Wird aber nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass der Motion-Controller der Wii, wie eine Taschenlampe in der Hand lag und hiermit eine immense Immersion geschaffen wurde. Diese Immersion ist mit einem normalen Controller leider unnachahmbar. Das klappt deutlich besser im Angriffs-Modus mit der Kamera oder der Geistertaschenlampe.
Ein weiteres Manko des Remasters sind die Bewegungen der Charaktere. Diese sind extrem langsam. Dabei mein ich nicht nur das gehen, sondern auch die sogenannte Renn-Funktion. Während das Gehen sich wie ein langsames Schleichen anfühlt, ist das Rennen nur unwesentlich schneller. So als wären die Füße der Protagonisten gefesselt. Das Tempo soll sicherlich der Spannung und Aufregung dienen, doch in diesem Ausmaß ist es ein wenig nervig. Ich für meinen Teil wäre gern schneller durch die verfallenen und ansonsten sehr stimmungsvollen Gemäuer hindurchmarschiert.
Geister, Flüche und die Kamera Obscura
Kenner der Serie wissen, dass Projekt Zero weit mehr zu bieten hat als schaurig schöne Jump Scares aller The Grudge. Dank der sogenannten Kamera Obscura können wir eine Art Exorzismus an den aggressiven Geistern durchführen, indem wir sie fotografieren. Während die weiblichen Charaktere auf die Kamera zurückgreifen, zückt der Kriminalbeamte Choshiro eine spezielle Geisterlampe, die jedoch ähnlich funktioniert.
Jeder Kampf gegen einen Geist ist spannend und nervenaufreibend, zumal es in den engen Gängen kaum Ausweichmöglichkeiten gibt. Trotz des hohen Alters des Spiels, schafft es das Remaster auch hier voll zu überzeugen. Dabei sind die Kämpfe recht simpel gestaltet. Via Knopfdruck zücken wir die Kamera, warten auf den Angriff des Geistes und drückt den Auslöser. Je nach Timing verursachen wir bei dem Geist unterschiedlichen Schaden. Ist das Timing gar perfekt, kommt es zum sogenannten Fatal Frame (tödlichem Bild), was natürlich am meisten Schaden macht und die meisten Punkte einbringt.
Im weiteren Verlauf statten wir die Kamera mit unterschiedlichen Linsen und zusätzlichen Aufsätze aus, die uns ermöglichen, die Bewegungen der Geister zu verlangsamen oder Angriffen der Feinde auszuweichen. Dank verschiedener Film-Sorten können wir auch merklich höheren Schaden anrichten. Film-Sorten und Linsen können im Kampf jederzeit gewechselt und kombiniert werden, um möglichst viel Schaden und Punkte zu erzielen. Darüber hinaus lassen sich blaue und rote Kristalle in den Umgebungen finden, die zum Verbessern der Kameraeigenschaften wie Schaden, schnelleres Laden der Filme usw. genutzt werden können. Auch die Funktionen der Linsen lassen sich verbessern.
Das Kristall-Feature sorgt natürlich dafür, dass der Erkundungsdrang auf dem höchsten Niveau steht und wir jeden Winkel ausleuchten, um auch ja keinen Kristall zu verpassen. Doch Vorsicht beim langsamen Greifen nach Objekten, denn manchmal versucht plötzlich eine Geisterhand nach uns zu packen und wenn es ihr gelingt, dann ist der Gegenstand verloren!
Neben zahlreichen Geistern, die uns entweder töten wollen oder uns aber den richtigen Weg weisen, gibt es natürlich auch Rätsel zu lösen und Flüche zu brechen. Mal muss der richtige Zahlencode gefunden werden, mal muss ein Schiebe-Rätsel gelöst werden oder ein Lied auf dem Klavier nachgespielt werden. Die Rätsel sind abwechslungsreich, aber nie wirklich fordernd, weil die Lösung meist auf dem Silbertablett serviert wird. Viel spannender ist es da, die kleinen verfluchten Puppen zu entdecken und zu knipsen, um Flüche zu brechen. Dies ist zwar optional, ist aber eine interessante Schnitzeljagd, die den ein oder anderen sicher gefallen wird.
Old School halt
Während ihr eure Kamera jederzeit im Menü verbessern könnt, wird ausschließlich an in der Spielwelt verteilten Lampen gespeichert. Hier lassen sich auch die verdienten Punkte gegen Heilitems, Filme oder Kostüme eintauschen. Da die Kämpfe vor allem in engen Gängen fordernd sein können, kann vor allem das Speichersystem nerven. Im Falle des Ablebens geht es zurück zum letzten Speicherpunkt und bereits gelöste Rätsel, Zwischensequenzen oder Kämpfe müssen erneut überwunden werden.
Auch die Faszination der Geschichte lässt ab der Hälfte des Spiels nach, da sie größtenteils durch Dokumente, Tagebücher und Kassetten erzählt wird, statt durch die vorhandenen Zwischensequenzen. Die Geschichte wird in Kapiteln erzählt, wobei wir in jedem Kapitel einen anderen Charakter steuern und somit auf ein immer neues Arsenal zugreifen müssen. Zwar gibt es zahlreiche Zwischensequenzen, die nach und nach die verlorenen Erinnerungen der Protagonisten aufdecken, doch die sind so kryptisch, dass man kaum etwas versteht. Das ist äußerst schade, denn gerade die Dokumente präsentieren eine spannende Handlung.
Fazit
Project Zero: Die Maske der Mondfinsternis kann auch nach 15 Jahren noch überzeugen. Trotz zahlreicher Verbesserungen wie schöneren Charaktermodellen und dem Wechsel der Farbgebung, die den Räumlichkeiten mehr Tiefe verleiht, sieht man dem Spiel das hohe Alter jederzeit an. Leider wird die Geschichte größtenteils in langen Textpassagen erzählt, wodurch sie für mich schnell uninteressant wurde. Zudem ist die Steuerung sehr träge und sperrig, was auf Dauer etwas nervt. Dennoch punktet der Titel vor allem durch ein spannendes Kampfsystem, abwechslungsreiche Rätsel und der schaurig schönen Stimmung, wodurch ich es auch heute noch als einen Geheimtipp weiterempfehlen würde. Es hat mir persönlich sehr viel Spaß gemacht erneut in die Welt von Project Zero eintauchen zu dürfen und zeigt noch eindringlicher, wie sehr ich mir eine Fortsetzung der Franchise wünsche. Ich vergebe
7 von 10 Punkte