„Evil Dead: The Game“ von Saber Interactive und Publisher Boss Team Games ist ein asymmetrischer Multiplayer Titel, der seit Freitag dem 13.Mai 2022 die Spieler begeistern soll. Doch mit welchem Spielkonzept will man nicht nur „Evil Dead“ Fans, sondern vor allem auch Franchise Fremde Spieler erreichen? Ich habe mich ins trashige Splatter-Universum der 80er Jahre gewagt und den Titel für euch getestet. Kann das Spiel den „Tanz der Teufel“-Kultstatus wieder aufleben lassen oder wird uns Spielern nur Lizenzschrott geboten?
https://youtu.be/Po3gmy71w6A
Von Story keine Spur
Während die „Evil Dead“ Franchise schaurige, aber auch witzige Geschichten auf Lager hat, schöpft man diese bei „Evil Dead: The Game“ nicht aus. Mit den sogenannten „Missionen“ kratzt man nur ein wenig an der Oberfläche der Evil Dead Lore und spendiert einen Singleplayer-Spielmodus den man getrost als Kirsche auf der Sahnetorte bezeichnen kann. Aktuell werden einem fünf Missionen geboten, die in weniger als 2 Stunden durchgespielt werden können. Während man in der ersten Mission noch einige Geschichtsfetzen aus „Tanz der Teufel 2“ in schönen Artworks zu sehen bekommt und Aufgaben gestellt bekommt, die daran angelehnt sind, gibt man das Konzept bereits ab der zweiten Mission komplett auf.
Zwar sieht man auch in den weiteren Missionen einige Artworks, doch diese sind belanglos und auch die Aufgaben gehen nicht darüber hinaus zu verschiedenen Punkten zu laufen und Gegnerwellen zu besiegen. Zudem werden die Missionen in einem kleinerem Bereich der Multiplayerkarte ausgetragen, was dafür spricht, dass Singleplayer definitiv nicht die Zielgruppe waren. Ärgerlich ist auch, dass es keine Checkpoints während der Missionen gibt, sodass ihr im Falle des Ablebens die komplette Mission von Vorn beginnen müsst. Hierdurch wird die Spielzeit unnötig gestreckt. Dennoch solltet ihr die Missionen nicht links liegen lassen, denn nach Abschluss einer Mission werdet ihr mit einem zusätzlichen Charakter für den Multiplayer belohnt. Also, so schlecht sie auch sind, da müsst ihr einfach durch.
Kernstück ist der Multiplayer
Neben den Missionen, die ihr nur im Singleplayer-Modus spielen dürft, dem obligatorischen Tutorial gegen Bots, in welchem ihr die Handhabung sowohl als Überlebender als auch als Dämon beigebracht bekommt, existiert noch das Kernstück des Titels und zwar der asymmetrische Multiplayer Part. Dieser heißt schlicht „Überlebender gegen Dämon“ und lässt euch wie der Name schon sagt, entweder in die Haut eines Überlebenden wie Ash Williams (in vier Varianten von jung bis alt vorhanden), Annie Knwoby oder König Arthur schlüpfen oder ihr übernehmt die Rolle des Bösen und versucht die Überlebenden als Evil Ash, als Dämon oder Besessener zu vernichten. Hier kann man auch wählen, ob man eine Partie mit bzw. gegen andere Spieler oder auch gegen Bots bestreitet. Zudem lässt sich ein komplett benutzerdefiniertes Spiel gegen Freunde ausrichten.
Auf der Seite der Überlebenden raufen sich vier Spieler zusammen und versuchen im Koop verschiedene Aufgaben zu erledigen, während ein Spieler den Part des Bösen übernimmt, Untote oder Dämonen heraufbeschwört, fiese Fallen stellt und andere Fähigkeiten einsetzt, um die Überlebenden daran zu hindern die Aufgaben zu erfüllen. Bisher wirkte die Balance zwischen Überlebender und Dämon sehr ausgeglichen, jedoch wird sich die tatsächliche Balance erst recht spät herauskristallisieren, denn jeder Charakter levelt wie in einem Rollenspiel auf, erhält mit jedem Level Fähigkeitspunkte, die dann in einen üppigen Fähigkeitenbaum investiert werden können. Hierdurch werden unzählige Werte und Fähigkeiten des jeweiligen Charakters verbessert wie 15% mehr Leben oder 20% mehr Ausdauer. Natürlich sieht es auf der Seite der Bösen genauso aus. Wer wirklich jeden Charakter und Dämon auf das maximale Level bringen möchte wird locker mehrere Wochen, wenn nicht gar Monate brauchen. Somit wird man erst auf der Endstufe aller Charakter die tatsächliche Balance im Spiel erleben können.
Komplexer Überlebenskampf
Gespielt wird auf einer riesigen Karte, die einige bekannte Schauplätze wie die Blockhütte aus den ersten beiden Filmen bereithält. Aktuell existiert nur eine einzige Multiplayer-Karte, die jedoch sehr abwechslungsreich ausfällt und nicht so schnell langweilig werden sollte, da die Aufgabengebiete mit jedem Match zufällig ausgewählt werden. Die Überlebenden müssen zunächst drei Kartenstücke, die jeweils an einem anderen Ort schlummern, auffinden. Der Standort des Kartenstücks wird als kleiner Hinweis am oberen rechten Bildschirmrand erwähnt, sodass man als Überlebender einen Anhaltspunkt hat. Zur schnelleren Fortbewegung stehen den Spielern auch Autos zur Verfügung, die sich jedoch steuern lassen wie ferngesteuerte Spielzeugautos. In engen Kurven sorgt diese Art von Steuerung für Probleme. Auch können die Figuren nicht springen, was ich als äußerst unglücklich erachte, da man an kleinen Kanten hängen bleiben kann.
Nur an bestimmten Punkten kann man Zäune oder ähnliche Hindernisse per Knopfdruck überspringen. Zudem verspürte ich auf der Xbox Series S einen leichten Input-Lag, was vor allem bei Kämpfen etwas ärgerlich ist. So wirkt die gesamte Steuerung der Figur etwas träge. Hat man die Kartenstücke beisammen, dann taucht der kandarische Dolch, sowie einige Seiten des Necronomicons auf, die man als Überlebender sichern muss. Beide Standorte werden direkt angezeigt, sodass eine Suche nicht notwendig ist. Bei den Punkten angekommen, muss man sich für eine bestimmte Zeit gegen ankommende Gegnerwellen schützen, bis die Gegenstände endlich in eurem Besitz sind. Haben die Überlenden diese Aufgabe gemeistert, gilt es einen riesigen Boss zu besiegen. Ist der Boss bezwungen, muss nur noch das Necronomicon für zwei Minuten beschützt werden, um die Dämonen zu vertreiben.
Selbstverständlich müssen die Überlebenden zusammenspielen, ansonsten wird es ziemlich schwierig. Hierfür wurden absichtlich vier unterschiedliche Klassen geschaffen, die sich gegenseitig ergänzen und ein wenig Taktik ins Spiel bringen. Jedoch konnte ich in meinem Matches keine große Auswirkungen der Klassen spüren. Natürlich ist das vom großen Vorteil einen Heiler in der Gruppe zu haben, aber es ist nicht zwingend erforderlich, um ein Match zu gewinnen. Viel wichtiger als die Klassen ist das gesamte Zusammenspiel der Gruppe. Spieler die sich von der Truppe zu weit entfernen sind ein leichtes Spiel für den Gegner. Zudem haben die Entwickler mit der sogenannten „Angst-Stufe“ eine spannende Mechanik eingebaut, die solche Spieler bestraft und zur Gefahr für die gesamte Gruppe werden lässt. Steigt die Angst-Anzeige über einen bestimmten Wert, kann der Gegner den verängstigten Charakter für kurze Zeit übernehmen, plötzlich die Gruppe angreifen und so für Verwirrung sorgen.
Zudem sollten die Überlebenden ihre Umgebung sorgfältig nach seltenen Waffen, Kisten, Amuletten oder Cola-Dosen absuchen. Dank einer Taschenlampe lassen sich nicht nur dunkle Stellen besser untersuchen, diese enthüllt praktischerweise auch versteckte Objekte. Jeder Charakter kann eine Nahkampfwaffe wie Axt, Schwert oder Schaufel tragen und eine Fernkampfwaffe wie Schrottflinte, Pistole oder Armbrust. Darüber hinaus sind die Waffen in unterschiedlichen Seltenheitsstufen von häufig bis Legendär farblich wie in Rollenspielen unterteilt und verfügen selbstverständlich über verschiedene Werte.
Neben den Waffen sind auch die versteckten Kisten von tragender Bedeutung. In jeder Kiste, die ebenfalls wie die Waffen nach Seltenheitsstufen farblich gekennzeichnet sind, befindet sich eine Nah- oder Fernkampfwaffe und zudem sogenannte Pink F-Flaschen, durch die ihr euren Charakter für das Match aufleveln könnt. So werden zusätzlich Werte wie der Schaden von Nah- oder Fernkampfwaffen, die Ausdauer oder auch Gesundheit aufgebessert. Mit den Amuletten kann man sich einen leichten Schild generieren und die Cola-Dosen füllen die Gesundheitsanzeige wieder auf. Somit gibt es viele Mechaniken, welche die Spieler nicht ignorieren dürfen, wodurch das Spielgeschehen deutlich komplexer ausfällt als zunächst angenommen.
Auf der Seite des Bösen sind die Mechaniken nicht weniger komplex, sodass ich euch dringendst das Tutorial empfehlen würde. Hier kontrollieren die Spieler den unsichtbaren kandarischen Dämon, der leicht über den Boden schwebt. Man muss böse Energie aufsammeln, um Dämonen, Untote oder Skelette beschwören zu können und levelt mit jedem Einsatz einer Fähigkeit automatisch auf. Mit jedem Level wird man stärker, kann mehr Energie aufsammeln und diese in unterschiedliche Fallen oder Beschwörungen investieren. Die richtige Strategie ist hier Trumpf, wer kopflos seine kostbare Energie wahllos in jede Fähigkeit investiert, wird womöglich scheitern.
Volle Breite Fan-Service
Bei „Evil Dead: The Game“ kommen Fans voll auf ihre Kosten. Die Entwickler von Saber Interaktive haben die komplette Bandbreite ausgeschöpft und nicht nur die bekannten Musikstücke aus den Filmen, sondern auch die Original Schauspieler mit an Bord geholt. Diese hauchen den Charakteren Leben ein und geben die bekanntesten Sprüche erneut zum Besten und kommentieren den ein oder anderen blutigen Finisher. Die Charaktere sind allesamt großartig Designt und dank unterschiedlicher Outfits wird man an unterschiedliche Ereignisse der Franchise erinnert, wie das Supermarkt Outfit von Ash Williams am Ende von „Armee der Finsternis“.
Fazit
Ich bin ein wenig Zwiegespalten was „Evil Dead: The Game“ anbelangt. Als Lizenzschrott kann ich dieses Machwerk keinesfalls bezeichnen, aber ein absolutes Meisterwerk ist es ebenfalls nicht. Zum einen liebe ich den gelieferten Fan-Service und respektiere den Versuch ein komplexes Spielsystem aufzubauen, welches Spieler zum Koop-Gameplay ermutigt, doch auf der anderen Seite steht das noch etwas schwerfällige Gameplay, die gewöhnungsbedürftige Fahrzeugsteuerung, der magere Inhalt und der recht hohe Preis für diesen. Die Multiplayer-Partien machen durchaus Spaß, doch dieser verfliegt nach nur wenigen Stunden wieder. Ich brauchte immer nach 3-4 Matches eine Pause, weil ich merkte, dass der Spielspaß in den Keller sank. Die Singleplayer-Missionen sind eigentlich eine Frechheit, weil man es sich mit ihnen zu leicht gemacht hat.
Es ist schade, dass sie nicht eigens kreierte kleine Level sind, sondern komplett auf der einzigen Multiplayer-Karte im Spiel stattfinden. Würde man nicht mit neuen Charakeren für den Multiplayer-Modus belohnt, dann könnte man die Missionen komplett streichen. Wenn man es auf die Spitze treibt, dann habt ihr für knapp 40 Euro innerhalb von 2 – 3 Spielstunden alles im Spiel gesehen und erlebt. Das ist deutlich zu wenig. Hier hofft man scheinbar mit dem umfangreichen Skillsystem die Spieler lange bei Laune halten zu können, doch ob das ausreicht ist fraglich. Fans der Franchise und vor allem von Spielen wie „Dead by Daylight“ können hier bedenkenlos zugreifen, aber alle anderen warten lieber auf einen Sale. Aus den genannten Gründen vergebe ich