Unter dem Banner von EA Originals entstehen seit 2017 immer wieder wunderschöne und ausgefallene Indie-Projekte. So sind in den letzten Jahren „Sea of Solitude“, „Fe“, „A Way Out“ und zuletzt „It takes Two“ veröffentlicht worden. All diese Projekte konnten viele Spieler als auch Kritiker gleichermaßen begeistern. Doch wie steht es um das jüngste Werk „Lost in Random“? Die Trailer versprechen ein originelles und märchenhaftes Abenteuer im Tim Burton Stil. Doch können neben dem Stil auch die Story und das Gameplay überzeugen? Wir sind für euch in die schaurig-schön anmutende Welt von Random eingetaucht und verraten es euch in diesem Test.
https://youtu.be/FBM4wBbOgQk
„Es war einmal, vor langer, langer Zeit … Da lebte im Königreich von Random eine wahnsinnige Königin, die einen mysteriösen schwarzen Würfel besaß. Sie befahl, dass jedes Kind in Random zu dessen zwölften Geburtstag die Ehre erhalten soll, damit zu würfeln und so zu bestimmen, welchem Teil des Königreichs es angehört – wodurch das Schicksal des Kindes auf alle Ewigkeit besiegelt war. Würfelte es eine Eins, wurde das Kind nach Einsfelden geschickt und zu einem Leben voller Mühe und Not verdammt. Würfelte es eine Drei, landete es in Dreiheit, einem chaotischen Ort, der durch einen Bürgerkrieg zerstört wurde. Würfelte es eine Sechs, stand dem Kind ein Leben voller Luxus im finsteren Palast der Königin bevor. Zumindest, wenn man den Geschichten Glauben schenkte …“
Eine Spielwelt zum Verlieben
Ich bin ein großer Fan von Tim Burtons „Corpse Bride“ oder auch „Nightmare before Christmas“ und auch die Filme der Laika Studios wie „Caroline“, „die Boxtrolls“ oder „Paranorman“ schaue ich mir immer wieder gerne an. Es ist nicht nur der besondere Stil der Filme, der mich immer wieder an sie fesselt, sondern auch die schaurig schönen Geschichten. Der Grafikstil, aber auch das Design der Spielwelt von „Lost in Random“ erinnern sehr stark an genau diese erwähnten Werke und deshalb konnte mich das Spiel von der ersten Spielminute an verzaubern. Doch wer diesen besonderen Grafikstil nicht mag, sollte sich noch nicht abwenden, denn das Spiel hat natürlich noch viel mehr zu bieten.
Zum einen wäre da natürlich die Geschichte um Even und ihre große Schwester Odd. Als Odd 12 Jahre alt wird, muss sie sich dem Würfel der Königin beugen und würfelt eine Sechs. Hierdurch sollte ihr ein Leben voller Luxus offen stehen, doch ein Jahr später beschleichen Even einige Zweifel, woraufhin sie sich auf eine abenteuerliche Reise begibt, um ihre Schwester zu retten. Die Geschichte ist zwar nicht ganz originell und erinnert stark an andere bereits bekannte Märchen, doch punktet sie mit vielen fantasievollen, charmanten und irren Figuren. Da wäre zum Beispiel der riesige Bürgermeister aus Zweistadt, der im wörtlichen Sinne zwiegespalten ist, der Kartenverkäufer Many Dax, der seinen Körper zum Geschäft gemacht hat oder aber eurer kleiner Begleiter der Würfel Dicey, den ihr mit Sicherheit schnell ins Herz schließen werdet. Doch nicht nur die Hauptfiguren können überzeugen, auch die Nebenfiguren aus zahlreichen Nebenquests werden euch in Erinnerung bleiben, wie der verrückte Wissenschaftler mit den zwei Persönlichkeiten, der euch um Zutaten für einen Zaubertrank bittet, um eine Persönlichkeit für immer loszuwerden. Welche Persönlichkeit er aufgibt, dürft sogar ihr selbst entscheiden.
So führt euch das Spiel mal linear, mal etwas offener durch eine skurrile Spielwelt voller abwechslungsreicher Schauplätze. Zwar kann man nicht mit jeder Figur interagieren, doch jeder gibt mindestens einen Satz oder ein Wortspiel von sich, was die starre Spielwelt weitaus lebendiger erscheinen lässt. Darüber hinaus kommentiert ein herrlich ironischer Erzähler das Spielgeschehen, der sogar ab und an die vierte Wand durchbricht. Auf diese Weise führt man den Spieler mit Leichtigkeit durch immer wieder ernste sowie düstere Themen mit viel Charme und Humor. Leider wiederholen sich die Modelle der Figuren recht häufig, sodass man durchaus das Gefühl bekommt, dass man ständig ein und denselben Persönlichkeiten begegnet.
Mutig rollt der Würfel
Während man sich bei der Erzählung und dem Stil auf bereits bekannte Elemente stützt, versucht man im Gameplay innovative Wege zu gehen. So ist das Spiel eine wilde Mischung aus Würfel-, Karten-, Adventure- und Actionspiel. Müssen Even und ihr kleiner Begleiter Dicey Mal gegen fiese Ritter, fliegende Raben und andere Gestalten in den Kampf ziehen, dann läuft das Geschehen in Echtzeit ab. Während Dicey außen vor bleibt, steuern wir die kleine Even über das Schlachtfeld und schießen mit einer Steinschleuder kleine Kristalle vom Körper der Feinde. Schaden können wir mit der Schleuder leider keinen verursachen und so bleibt uns nur das Ausweichen gegnerischer Angriffe. Mit einem Kartendeck, welches wir im Menü vor jedem Kampf bearbeiten können, werden schließlich Angriffe ausgeführt sowie Strategien geplant. Die Kristalle zersplittern in Energiekugeln, die unser kleiner Würfelfreund aufsammelt und zufällige Karten aus unserem Deck generiert.
Maximal können fünf Karten generiert werden, woraufhin wir Dicey würfeln müssen. Dicey kann aber auch schon ab der ersten generierten Karte gewürfelt werden. Nachdem wir gewürfelt haben, friert das Geschehen ein und wir können uns in Ruhe eine Strategie mit unseren Karten auf der Hand ausdenken. Dabei entscheidet auch ein wenig das Würfelglück über die Spielbaren Karten. Jede Karte hat einen bestimmten Wert, der erwürfelt werden muss, um sie ausspielen zu können. Dank den Karten kann Even plötzlich mit einem Schwert kämpfen oder mit Pfeil und Bogen auf die Feinde schießen. Zu Begin des Abenteuers ist eurer Kartendeck recht überschaubar, doch wächst es schnell an, sodass ihr auf über 30 unterschiedlichen Karten zurückgreifen könnt. Eurer Deck darf jedoch aus nicht mehr als 15 Karten bestehen, wodurch auch eine taktische Komponente hinzugefügt wird. So wächst eurer Portfolio an Möglichkeiten mit Nahkampf- sowie Fernkampfwaffen, Fallen, Heilzauber oder auch Giftattacken stetig an und ihr könnt das Geschehen eurem eigenen Spielstil anpassen.
Um ein wenig Abwechslung ins Kampfgeschehen zu bringen, hat man sich zudem sogenannte Spielbretter ausgedacht. Diese stellen meist eine besondere Herausforderung dar. Man kann sie sich als kleine Kampfarenen vorstellen, in denen man einen kleinen Turm als Spielfigur von A nach B würfeln muss und zusätzlich gegen die verschiedensten Feinde kämpft. Oft kommt man nur weiter, sobald man einen bestimmten Feind erledigt hat. Im späteren Verlauf werden die Spielbretter jedoch komplizierter und erfordern eure höchste Konzentration.
Da man sich im Kampf zu einem Teil aufs Würfelglück und zum anderen Teil auf gute Karten verlassen muss, kann sich so ein Kampf schon Mal in die Länge ziehen. Was auch die eigenen Nerven strapazieren kann. Ich begrüße durchaus den mutigen und vor allem innovativen Schritt der Entwickler ein neues Kampfsystem auf die Beine zu stellen, doch es ist leider misslungen mich dafür zu begeistern. Hierfür erscheint mir das Spielgeschehen noch zu unausgereift und vor allem in Verbindung mit den Spielbrettern zu unübersichtlich. Hinzu kommt, dass die Kameraperspektive nicht immer sitzt und das Sichtfeld durch Mauern oder andere Hindernisse eingeschränkt wird.
Fazit
„Lost in Random“ ist ein außergewöhnliches Spiel, welches sich vor allem Fans von Tim Burton und den Werken der Laika Studios nicht entgehen lassen sollten. Schon der Grafikstil allein erinnert an die schaurig schönen Geschichten, die wir kennen und lieben. Für mich ist der Titel eine kleine Sensation. Die Spielwelt und die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet, die Musik untermalt stimmig die Atmosphäre und im Gameplay setzt man auf Innovation.
Doch so eckig und kantig wie ein Würfel, ist leider auch „Lost in Random“ ausgearbeitet. Die Kämpfe können sich unnötig in die Länge ziehen, die Kameraperspektive sitzt nicht immer perfekt, sodass man manchmal einen Angriff nicht kommen sieht und die Modelle der Figuren wiederholen sich recht häufig. Zudem kann man sich schon mal überfordert fühlen oder gar komplett die Übersicht verlieren, wenn man gleichzeitig versucht die Spielfigur auf dem Spielbrett im Blick zu behalten, gegnerischen Angriffen in Echtzeit ausweicht und sich noch eine Strategie mit den gezogenen Karten überlegt. Nichtsdestotrotz kann ich jedem „Lost in Random“ ans Herz legen, da die Geschichte schön und fesselnd inszeniert ist und die Spielwelt voller Abwechslung steckt. Ich vergebe: