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Marvel´s Midnight Suns im Test – Willkommen in der Helden-WG

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Ich muss gestehen, dass meine Vorfreude auf „Marvel´s Midnight Suns“ schon zur Ankündigung so richtig im Keller versank. Nach dem enttäuschendem „Marvel´s Avengers“ hatte ich auf die Ankündigung einer Widergutmachung gehofft. Damit meine ich ein Action-Adventure, welches mir actionreiche Kämpfe und eine großartige Story nach dem Vorbild des Marvel Cinematic Universes präsentiert.

Stattdessen kündigten die Strategiegenies von Firaxis Games einen wilden Mix aus Runden-Strategie, Rollenspiel und Deckbuilder an. Da mich in dieser Kombo leider nur der Rollenspiel-Aspekt so wirklich interessiert, hatte ich das Spiel bereits abgeschrieben. Vielleicht kann das der ein oder andere Leser nachempfinden. Und hätte ich das Spiel nicht plötzlich als Testmuster vor mir liegen gehabt, dann hätte ich einen großen Bogen um das Spiel gemacht.

Was sich im Nachhinein als ein großer Fehler herausgestellt hätte, denn ich muss gestehen, dass mir Marvel´s Midnight Suns verdammt viel Spaß gemacht hat. Was mir alles an dem neuen Spiel der „XCOM“-Entwickler gefällt und was ich bedauerlicherweise enttäuschend fand, findet ihr auf den folgenden Zeilen heraus.

https://youtu.be/NviOMIR_U-0

Eine „neue“ Bedrohung

Die Schergen der Hydra Organisation sind auch im neusten Abenteuer kein Stück von ihrer Planung, die Weltherrschaft zu übernehmen, abgerückt und haben sich die wohl bisher stärkste Verstärkung in ihr Team geholt: die Dämonin Lilith. Diese wird bereits zu Beginn ziemlich dramatisch beschworen und demonstriert den Avengers, Doctor Strange, Iron Man sowie Scarlet Witch auch direkt ihre Macht. Schnell erkennen die Helden, dass sie vollkommen unterlegen sind und dringendst Hilfe benötigen, um die Welt retten zu können. Diese Hilfe bekommen die Avengers von den Mitgliedern der Midnight Suns sowie Hunter, einem legendären Dämonenjäger, den man als Spieler verkörpert.

Zwei Spiele in einem?

Hat man sich zunächst einmal seinen ganz individuellen Hunter in einem rudimentären Charakter-Editor erstellt, kann man schon den ersten wesentlichen Gameplay-Aspekt erleben. Zum einen wäre da das Sanktum, eine weitläufige Hub-Welt, welche wie eine Art Helden-WG funktioniert. Hier versammeln sich die Helden und verbringen viel Zeit miteinander. Als Spieler können wir das Sanktum und die angrenzenden Areale nach Belieben erkunden, unterschiedliche Zufluchten entdecken, Kisten looten, Geheimnisse aufdecken und Rätsel lösen. Die Zufluchten können individuell den unterschiedlichen Helden zugeordnet werden, dazu laden wir sie einfach ein dort abzuhängen.

Darüber hinaus verbringen nicht nur die Helden miteinander viel Zeit, sondern wir gleich mit. Um die Helden besser kennenzulernen, können wir zusammen einen Trinken, Videospiele spielen, am Pool chillen oder romantisch die Sterne beobachten. Zu jedem Helden können wir eine Freundschaft aufbauen. Hierfür ist es auch hilfreich den Buch-Klub von Blade aufzusuchen oder eine Geburtstagsparty für Magik zu planen. Mich erinnerte das Sanktum und die darin enthaltenen Gameplay-Mechaniken stark an die Feste aus Dragon Age: Inquisition. Vor allem, was Grafik und Technik betrifft. Marvel´s Midnight Suns sieht aus wie ein verlorenes PS3 Spiel. Das ist zwar äußerst schade, doch der Spielspaß leidet nicht unbedingt darunter.

Wie gut oder schlecht ihr euch mit den Helden anfreundet, bestimmt ihr teilweise durch ein Dialog-System. Dabei müssen die unterschiedlichen Vorlieben der Gesprächspartner beachtet werden. Während Blade zum Beispiel eine ehrliche und direkte Antwort bevorzugt, punkten wir bei Peter Parker vor allem mit Witz. Mit steigenden Freundschaftsstufen schaltet ihr neue Aufgaben sowie Boni frei und stärkt auch eure Affinität zu heller oder dunkler Seite. Eure Gesinnung hat wiederum Auswirkungen auf passive Fähigkeiten und bestimmte Aktionskarten für den Kampf. Und das bringt uns zum zweiten wesentlichen Gameplay-Aspekt: dem Kampfsystem!

Karten statt Trefferwahrscheinlichkeiten

Neben der freien Erkundung des Sanktum, verbringt ihr viel Zeit in Kämpfen. Dabei stehen euch nicht nur Hauptmissionen mit gut inszenierten Zwischensequenzen zur Auswahl, sondern auch Nebenmissionen, wo ihr neue Aktionskarten und andere Boni verdient. Für Marvel´s Midnight Suns haben sich die Entwickler von Firaxis Games ein ganz spezielles Kampfsystem ausgedacht, welches ein wilder Mix aus Deckbuilder, Rollenspiel und Rundenstrategie geworden ist. Gekämpft wird ausschließlich mit Karten, wie in einem Trading Card Game. Somit hängt der Erfolg im Kampf davon ab, ob man die passenden Karten zieht. Die prozentuale Trefferwahrscheinlichkeit aus „XCOM“ wurde zum Glück komplett über Bord geworfen.

Auch die Deckungs- oder freie Bewegungsmöglichkeiten eines „XCOM“ wurden gestrichen. Dafür stehen jetzt andere strategische Faktoren im Vordergrund. So ist es nun Kampfentscheidend die Karten klug zu legen, die Umgebungsgegenstände zum eigenen Vorteil zu nutzen und die Gegner in einer bestimmten Reihenfolge auszuschalten. Im Kampf werden euch zwei Gegnertypen begegnen. Zum einen wären da die normalen Schergen, die keine Lebensleiste haben und mit jedem beliebigen Treffer zu Boden gehen. Zum anderen trefft ihr auf unterschiedlich starke Feinde, darunter auch Bosse wie Venom, die nicht nur individuelle Angriffe und Zauber nutzen, sondern auch unterschiedlich viele Trefferpunkte aufweisen.

In jeder Runde könnt ihr drei Aktionen ausführen, darunter fallen nicht nur Angriffe, sondern auch Verstärkungszauber. Mit jeder ausgeführten Aktion sammeln eure Helden Erfahrungspunkte, die Rollenspiel-typisch in Level Ups gipfeln, wodurch eure Helden selbstverständlich stärker werden. Aber auch die Rettung einer Geisel, das Öffnen einer Kiste oder andere Aktionen, die als Missionsziele gesetzt werden, zählen als Aktionen.

Somit müsst ihr stets bedacht vorgehen. Vor allem, da nach jeder Runde der Feind Verstärkung in Form von neuen Schergen erhält. Hier kommen Strategiefans voll auf ihre Kosten und sollten die Kämpfe euch doch zu wenig fordern, dann könnt ihr euch auf zahlreiche Schwierigkeitsstufen freuen. Insgesamt werden acht Schwierigkeitsstufen geboten, die nach und nach freigespielt werden. Je höher der Schwierigkeitsgrad, desto höher die Belohnungen.

Umfang, Spielspaß und Abwechslung

Marvel´s Midnight Suns begeistert mit einer 30 bis 40 Stunden langen Hauptkampagne. Wer wirklich alles mitnimmt, kommt locker auf eine Spielzeit von 70 bis 80 Stunden. Der stetige Wechsel zwischen Kämpfen, gut inszenierten Zwischensequenzen und dem spannenden Erkunden des Anwesens sorgt für Abwechslung. Schade nur, dass die Gegnervielfalt so eindimensional ausfällt. Hier hätte ich mir mehr Kreativität gewünscht, vor allem da das Marvel Universum genug davon zu bieten hat. Immer wieder dieselben Hydra Schergen zu vermöbeln, wird gerade bei so einer langen Kampagne schnell langweilig.

Der Soundtrack sowie die englischsprachige Synchronisation sind durchweg gelungen. Vor allem die Sprecher der Helden sind gut besetzt. Einige haben die jeweiligen Figuren teilweise auch schon in anderen Games oder TV-Serien verkörpert. So hört man erneut Steve Blum als Wolverine oder Yuri Lowenthal als Spider-Man. Das wird vor allem Fans erfreuen. Die deutsche Synchronisation ist aber auch annehmbar.

Der größte Kritikpunkt, den ich am Spiel auszusetzen habe, sind die Mikrotransaktionen. Mit einer Ingame-Währung könnt ihr euch neue Heldenkostüme, Geschenke oder Dekorationen für das Sanktum kaufen. Es ist alles kosmetischer Natur und ihr verdient sie auch im Laufe des Spiels, dennoch könnt ihr euch diese Ingame-Währung auch mit Echtgeld kaufen. Was einen miesen Nachgeschmack hinterlässt, vor allem weil ihr für so gut wie alles bezahlen müsst.

Fazit

Marvel´s Midnight Suns ist für mich eine riesige Überraschung, die ich vollkommen unterschätzt habe. Der Mix aus Rollenspiel, Deckbuilder, Rundenstrategie, Erkundung und einer Art „Dating-Sim“ ist durchweg gelungen. Die beiden abwechslungsreichen Spielmechaniken aus Erkundung einer Semi-Open-World und Rundenstrategie geht voll auf. Vor allem werden Strategiefans voll auf ihre Kosten kommen und sich an den acht Schwierigkeitsstufen die Zähne ausbeißen. Doch auch Marvel Fans werden es lieben viel Zeit mit ihren Lieblingshelden wie Iron Man, Spider-Man, Ghost Rider oder Blade zu verbringen und sie aus einer anderen Perspektive kennenzulernen.

Einzig die Mikrotransaktionen hätten nicht sein müssen und auch der Grafikunterbau hätte ruhig aus der moderne und nicht aus der Mottenkiste stammen dürfen. Technisch ist das Spiel jedoch sauber umgesetzt. In meinem Spieldurchlauf sind mir keine gravierenden oder nervigen Spielfehler ins Auge gefallen. Mit einem Umfang von 30 – 80 Stunden wird sicherlich jeder zufrieden sein. Ich vergebe

7.5 von 10 Punkten