Eigentlich wollte ich euch den Testbericht zum Metroidvania-Soulslike „Blasphemous 2“ schon längst um die Ohren hauen, doch leider kam mir die Gamescom dazwischen. Auch jetzt noch verfolgen mich die Termine der Gamescom 2023, die ich nach und nach abarbeite, doch es wird endlich Zeit für diesen Test. Ich muss euch einfach von diesem grandiosen Spiel berichten. Blasphemous 2 ist der Nachfolger zum Überraschungshit Blasphemous, welcher am 10 September 2019 für PC, Nintendo Switch, PS4 und Xbox One veröffentlicht wurde. Mit dem Spiel begeisterten die spanischen Indie Entwickler von The Game Kitchen vor allem Soulslike Fans. Doch auch der brutale Grafik- und Spielstil – beeinflusst durch den römischen Katholizismus, seine Ikonographie, die spanische Karwoche und die spanische Kultur, insbesondere die von Andalusien – konnte durchweg begeistern. Wie immer bauen die Entwickler im Nachfolger ihre Erfolgsformel weiter aus und versuchen die aufgestellten Kritiken des Erstlings auszumerzen. Wie und warum ihnen dieses Vorhaben beinahe gelungen ist, erfahrt ihr hier.
https://youtu.be/cdiDP6dHIJs?si=wpJ-sqV-iKJId7Rq
Der Büßer auf seinem neuen Pilgerweg
Fans des Erstlings werden sich sofort heimisch fühlen und sich sicherlich freuen, dass die Geschichte direkt an den kostenlosen „Wounds of Eventide“-DLC anknüpft, in der das Herz am Himmel die Rückkehr des Mirakels ankündigt und die Geburt eines neuen Kindes des Mirakels vorausgesagt hatte. Der Büßer erwacht in einem fremden Land, aus seiner letzten Ruhestätte vertrieben. Er wird in den endlosen Kreislauf von Leben, Tod und Wiederauferstehung zurückgeworfen und hat keine andere Wahl, als diese gefährliche neue Welt zu erforschen und ihre längst vergessenen Geheimnisse zu lüften. Horden grotesker Gegner werden sich euch in den Weg stellen, in Erwartung des Jüngsten Gerichts, vollstreckt durch die erbarmungslose Hand des Büßers. Dabei lauern entsetzlich entstellte Bosse in der Dunkelheit, die euch in das Grab zurückschicken wollen, dem ihr entstiegen seid. Sie zu besiegen wird kein Leichtes, aber da Blasphemous 2 noch mehr Möglichkeiten zur Anpassung und Verbesserung des Skill-Sets sowie wertvolle Erweiterungen des Waffenarsenals bietet, kann der gerechte Streich in endlosem Zorn gelingen, wenn man sich denn als würdig erweist.
Fast alles beim Alten…
Auf dem ersten flüchtigen Blick scheint sich bei Blasphemous 2 nicht viel im Vergleich zum Vorgänger getan zu haben, doch bei näherer Betrachtung fallen einem die flüssigeren und stimmigen Animationen der Figuren auf. Erneut setzen die Entwickler auf einen animierten Pixel Look, der die wunderschönen Umgebungen und Figuren in 2D auf den Bildschirm zaubert. Ganz Genretypisch werden die zahlreichen abwechslungsreichen Bereiche aneinander gereiht und ergeben ein komplexes, zusammenhängendes Gebilde der Spielwelt. Dabei hat man besonders die Erkundung der Spielwelt überarbeitet und belohnender gestaltet. Von Anfang an zeigen uns dicke Ausrufezeichen an, wohin uns unsere Pilgerreise führen soll. Das sorgt für einen angenehmen Spielfluss, da wir uns nie verloren fühlen. Zudem ersparen wir uns kostbare Spielzeit, da wir nicht unnötig Bereiche nach dem richtigen Weg absuchen müssen.
Auch die zahlreichen Entdeckungen und Sammelaufgaben fühlen sich weitaus belohnender an, als noch im Erstling und ergänzen das runde Spielgefühl. Einige Sammelaufgaben wie die kleinen Babyengel, sind auch in Blasphemous 2 zu finden, wer sie alle entdecken und befreien kann, öffnet einen komplett neuen Pfad, der voller Belohnungen steckt. Darüber hinaus werdet ihr auf eurem Pilgerweg viele unterschiedliche Quest-Items erlangen, die euch das Spiel deutlich erleichtern, sobald ihr diese zu den richtigen Personen gebracht habt. So lassen sich auf diese Weise das Leben und die Inbrunst erweitern. Die Inbrunst ist unsere Magieleiste, die uns erlaubt Gebete, also magische Fähigkeiten auszuführen.
Im Falle des Todes wird ein großer Teil der Inbrunst gesperrt, sodass wir im schlimmsten Fall keine Gebete mehr nutzen können. Ansonsten verlieren wir nichts. Wer die Inbrunst wiederherstellen will, muss zum Ort des Todes zurück, sterben wir jedoch zu oft, dann bleibt ein Teil der Inbrunst weiterhin gesperrt. Erst nach einer Beichte und der Zahlung einiger Groschen, kann die Inbrunst wieder komplett freigeschaltet werden. Das ist größtenteils ärgerlich, sorgte bei mir jedoch bei weitem nicht für so viel Frust, wie der Verlust einer großen Menge Seelen in Dark Souls oder ähnlichen Titeln.
Doch man hat nicht nur die Erkundung der Welt abwechslungsreicher gemacht, auch das Kampfsystem wird durch drei unterschiedlich ausrüstbare Waffen deutlich spannender. Darüber hinaus hat man zusätzliche Spielmechaniken eingeführt, die dem Spieler zusätzliche Vorteile liefern. Wer besonders aufmerksam durch die Spielwelt läuft, entdeckt nicht nur zahlreiche Geheimnisse wie illusionäre Wände, sondern auch Schatzkisten, in denen Perlen, magische Fähigkeiten oder andere Kostbarkeiten versteckt sind, die einem das Spiel deutlich erleichtern.
In der Erkundung liegt die Kraft
Neben den bereits bekannten Gebetsperlen, die in einem erweiterbaren Rosenkranz ausgerüstet werden können, um die Verteidigung gegen magische Angriffe, wie Feuer oder Blitze zu steigern. Hier können auch andere Vorteile durch Perlen freigeschaltet werden wie das erhöhte sammeln von Fähigkeitspunkten oder der Geldwährung. Mit den Fähigkeitspunkten erweitern wir die Fähigkeiten der unterschiedlichen Waffen in den jeweiligen Fähigkeitsbäumen. Die Fähigkeiten der Waffen sind in drei Stufen eingeteilt und zu Beginn können wir nur die Fähigkeiten der ersten Stufe erwerben. Wer die restlichen Stufen erreichen will, muss unbedingt die Spielwelt gründlich erkunden, denn diese werden an bestimmten Statuen freigeschaltet. Zudem werden die Fähigkeitspunkte benötigt um Plätze für kleine Statuen im Inventar freizuschalten. In der Welt lassen sich nun Abbilder von Rittern, Monstrositäten oder Heiligen finden, die ausgerüstet ebenfalls für zusätzliche Spielvorteile sorgen. So kann der kritische Schaden, der Schaden der Gebete oder eines einzelnen Waffentyps erhöht werden.
Gebete sind magische Fähigkeiten, die wir in der Spielwelt entdecken können. Davon können wir zwei gleichzeitig ausrüsten und nutzen. In Verbindung mit den drei Waffentypen Doppelschwert, Schwert und Keule wird das Kampfsystem schön abwechslungsreich gestaltet. Der Wechsel zwischen den Waffen kann blitzschnell durchgeführt werden und ist vor allem im späteren Spielverlauf von größter Wichtigkeit, um einige Passagen überwinden zu können. Die drei Waffen bieten nicht nur unterschiedliche Kampfstile und Taktiken, sondern werden auch unterschiedlich in die Spielwelt und Erkundung eingebunden. Mit der Keule bringen wir zum Beispiel riesige Glocken zum Klingen und öffnen nicht nur zuvor undurchdringliche Türen, sondern zaubern Plattformen in die Spielwelt, die uns an erhöhte Bereiche bringen. Mit den Doppelklingen lassen sich mit Hilfe von Spiegeln große Abgründe überwinden und mit dem Schwert können verwurzelte Pforten zerstört werden.
Darüber hinaus lassen sich auch typische Gameplay Elemente wie der Doppelsprung und der Dash in der Luft freischalten. Diese Mechaniken erlauben es uns nicht nur zuvor verborgene Pfade zu erreichen, auch der Kampf ist dadurch deutlich einfacher. Insgesamt hatte ich das Gefühl, dass die Entwickler zwar weiterhin eine knackige Herausforderung bieten wollten, doch im selben Zuge auch ein wenig zugänglicher sein wollten. So hat man zum Beispiel die Stacheln stark abgeschwächt. Während sie im ersten Teil noch zum direkten Tod und somit für viel Frust sorgen konnten, verlieren wir lediglich einige Lebenspunkte und werden auf der nächsten sicheren Plattform abgesetzt. Auch das Springen auf Leitern ist deutlich intuitiver und führt zu weniger Abstürzen. Insgesamt fühlt sich die Steuerung deutlich runder an.
Wunderschön, blutig und Schwer
Die Welt von Blasphemous 2 ist außerordentlich brutal und geizt nicht mit surrealen Bildern oder Szenarien. Das ist sowohl faszinierend wie ekelerregend zugleich. In einer Szene erleben wir zum Beispiel wie bei jedem erneuten Besuch eine Frau bei lebendigem Leib stück für stück gehäutet wird. In einer anderen Szene sitzt eine riesige dürre Frau auf einem Stein mit einem Kind auf dem Arm. Sie wird von vielen kleinen Händen angefasst, die keinen Ursprung zu haben scheinen.
Eine besondere Erwähnung verdient auch der schön melancholische Soundtrack mit Gitarrenklängen und die außergewöhnlichen sowie abwechslungsreichen Bosskämpfe. Gerade die Bosskämpfe sind knackig und werden euch alles abverlangen. Sie sind nicht nur wunderbar inszeniert, sondern glänzen durch unterschiedliche Moves und Mechaniken, die zunächst von uns durchschaut werden müssen. Kein Boss gleicht dem anderen und so müssen wir uns immer wieder auf neue Taktiken und Mechaniken einlassen. Dabei ist der Schwierigkeitsgrad meiner Meinung nach perfekt ausbalanciert. Die Hitboxen sind präzise und die Attacken werden gut erkennbar angekündigt.
Nicht frei von Fehlern
Obwohl Blasphemous 2 ein wirklich herausragendes Spielerlebnis ist, welchem man sich nicht so leicht entziehen kann, ist es leider nicht ganz frei von Fehlern. Im Spielverlauf kann es vorkommen, dass einzelne Gegner plötzlich nicht mehr reagieren und leicht von uns erledigt werden. Ganz bitter ist es, wenn sogar ein Boss so eine Lähmungserscheinung aufweist, da man hierdurch um die wunderbare Spielerfahrung gebracht wird. Vereinzelt zuckten einige Hintergründe und die Todesanimationen einiger Feinde wurden nicht korrekt dargestellt. Solche Fehler waren jedoch eher selten und dementsprechend leicht verschmerzbar.
Der größte Kritikpunkt, den man Blasphemous 2 vorwerfen kann ist die mangelnde Vielfalt der Gegner. Gerade zum Ende hin treffen wir auf immer dieselben Feinde, die sich lediglich in ihrer Farbe und magischen Fähigkeiten unterscheiden. Das Moveset ist komplett identisch. Das ist äußerst schade, da gerade die Abwechslung in allen Bereichen des Titels einen hohen Stellenwert zu haben scheint.
Fazit
Blasphemous 2 gehört meiner Meinung nach zu den besten Metroidvania-Titeln der Spielgeschichte. Ich liebe einfach den surrealen Stil. Jeder Bereich unterscheidet sich in seiner Bildsprache und die grotesken Monstrositäten wie auch Charaktere sind bizarr und wunderschön zugleich. Zwar ist der Schwierigkeitsgrad eine Hürde und spricht in erster Linie Soulslike Fans an, doch ist der Teil auch ein Stück weit zugänglicher geworden. Mit zahlreichen Mechaniken wie den Rosenkranzperlen, den Statuen und den Fahigkeitsbäumen, die spürbare Vorteile verschaffen, ist der Schwierigkeitsgrad auf einem angenehm herausforderndem Niveau. Die Erkundung der Spielwelt fällt bis zu Letzt belohnend aus und führt je nach Entdeckungsdrang des Spielers zu zwei unterschiedlichen Enden. Meine Pilgerreise hat mich knapp an die 20 Stunden beschäftigt, wobei ich nicht alles entdeckt und enträtselt habe. Mit einem Preis von 30 Euro bietet das Spiel ein angenehmes Preis/Leistungsverhältnis. Ich vergebe
9 von 10 Punkte