Mit „A Quit Place“ startete 2018 eine Horrorfilmreihe, die weder mit expliziter Gewaltdarstellung noch mit einer originellen Story punkten konnte. Die Prämisse, dass Aliens die Erde angreifen und die Menschheit am Rande der Vernichtung ums Überleben kämpft, gibt es wie Sand am Meer, doch eine geniale Idee macht den Film einzigartig: Stille.
Was zunächst banal klingt, hat im Film für unvergessliche Gänsehautmomente gesorgt. So sind die auf der Erde gelandeten Außerirdischen zwar blind, reagieren aber extrem empfindlich auf kleinste Geräusche, so dass jeder Laut tödlich sein kann. Dieser Umstand sorgt für eine extrem angespannte Atmosphäre im Film, da über weite Strecken nicht gesprochen wird und wenn, dann nur geflüstert. Klingt nach dem perfekten Ausgangsmaterial für ein Survival-Horror-Spiel, oder? Das dachten sich wohl auch Publisher Saber Interactive und die Entwickler von Stormind Games (Remothered-Reihe, Batora: Lost Haven). Während Fans der Filmreihe dieses Jahr mit „A Quiet Place: Day One“ auf ihre Kosten kamen und nächstes Jahr bereits „A Quiet Place 3“ erwartet wird, erscheint am 17. Oktober 2024 mit „A Quiet Place: The Road Ahead“ das erste Spiel zum Franchise. Ob das Spiel eine ähnlich packende Atmosphäre erzeugen kann, verrate ich euch in diesem Test.
Darum Geht´s
„A Quiet Place: The Road Ahead“ ist ein Einzelspieler-Erlebnis mit starkem Fokus auf die Story. Der Spieler schlüpft in die Rolle der jungen Studentin Alex Taylor, die sich aus der Egoperspektive durch ein postapokalyptisches Universum voller blinder Aliens bewegen muss. Für ein authentisches Spielerlebnis haben sich die Entwickler auf die Kernmechaniken Schleichen und Survival-Horror konzentriert. Für zusätzlichen Nervenkitzel sorgen Alex‘ fortgeschrittene Schwangerschaft und ihr Asthma. Als ihr Freund Martin auf der Suche nach Ressourcen ums Leben kommt, beginnt die Suche nach einem sicheren Ort, an dem sie ihr Baby zur Welt bringen kann.
Intensive Atmosphäre
Bevor ich auf die Spielmechaniken eingehe, muss ich den grandiosen Sound und die Integration des Mikrofons loben. Man erkennt sofort, dass hier mit einer Grundidee an die Spielmechanik heran gegangen wurde und alles weitere wurde drum herum gebaut. Hierdurch wird die Immersion des Stealth Abenteuers auf ein wahnsinnig hohes Niveau gehoben, welches ich schon lange nicht mehr erlebt habe. Die Atmosphäre ist hierdurch dermaßen packend, dass man selbst die Luft anhält, wenn sich eine Kreatur in der Nähe befindet. Im ersten Level ließ mich sogar ein lautes Donnergrollen aufschrecken, so gut ist die Soundkulisse geworden.
Wie im Film wird auch im Spiel jedes laute Geräusch mit dem sofortigen Tod bestraft. Das macht selbst kleinste Nebentätigkeiten wie das Öffnen einer Tür zu einer nervenaufreibenden Aufgabe. Hinzu kommt, dass unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten unterschiedlich viel Lärm verursachen. So müssen wir uns besonders vor Pfützen, Kies, Glas, Laub und anderen Stolperfallen in Acht nehmen. Wer mit eingeschaltetem Mikrofon spielt, erhöht nicht nur die Fehleranfälligkeit, sondern auch die Intensität der zahlreichen Begegnungen mit den Aliens. Aber das ist Fluch und Segen zugleich, denn jedes laute Geräusch über dem Mikrofon bedeutet den Tod.
Tobende Kinder – Tod. Bellender Hund – Tod. Partner ruft – Tod. Handy klingelt – Tod. Husten wegen einer Erkältung – Tod. Ihr merkt, ich bin in diesem Spiel unnötig oft gestorben und wäre ich tatsächlich in diesem Universum gestrandet, wäre ich wahrscheinlich schon längst Geschichte. Aber zum Glück waren es nur unzählige digitale Tode, die mein Spielerlebnis pflasterten. Was mich aber ärgerte und nervte, waren die von den Entwicklern gesetzten Checkpoints.
Diese liegen oft viele Spielminuten zurück und man muss ganze Spielabschnitte von Vorn absolvieren. Selbst auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad ändert sich daran nichts. Ich verstehe den Gedanken der Entwickler dahinter, denn so wird jede Auseinandersetzung noch spannender und nervenaufreibender, da man unbedingt vermeiden möchte, den gesamten Spielabschnitt noch einmal meistern zu müssen, aber auch die Motivation leidet darunter. Längere Spielabschnitte werden hier zur Geduldsprobe, zumal die Abwechslung fehlt und die Technik noch verbesserungswürdig ist.
Einmal stürzte das Spiel kurz vor einer Zwischensequenz und damit vor dem Ende eines Abschnitts ab. Das Ergebnis nach dem Neuladen? Alles wieder auf Anfang. Ein anderes Mal steckte ich nach einer Kletterpartie plötzlich in einem Objekt fest, also wieder neu laden. Grafisch macht das Spiel aber eine gute Figur und zaubert eine bildgewaltige Kulisse. Viele Szenen leben von der gelungenen Beleuchtung, wenn zum Beispiel der Strom ausfällt und nur eine rot leuchtende Notbeleuchtung aktiv ist, die das Alien anstrahlt, dann sorgt das schon für Gänsehaut.
Leider wenig Freiheiten
Bei der Umsetzung hätte ich mir allerdings mehr Freiheiten gewünscht. Hier haben die Entwickler das Zepter der Inszenierung fest in der Hand. Der Aufbau der Level ist recht linear. Zwar gibt es auch eingebaute Sackgassen, aber meistens teilt sich der Weg in zwei Abzweigungen, die nach kurzer Zeit wieder zusammenlaufen. Zum einen soll der Spieler ein wenig Freiraum haben, um dem Alien zu entkommen, zum anderen können so die ganzen Sammelobjekte wie Fotos, Briefe und Spielzeugflugzeuge besser verteilt werden, damit sie nicht wie Brotkrumen den Weg säumen.
Zudem ist die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt. Alex kann weder überall hoch, noch überall runter klettern. Dies können wir nur an bestimmten Stellen im Spiel durchführen. Alles andere drum herum wirkt wie eine feste Mauer. Egal ob es eine Dachkante, eine kleine Kiste oder auch ein nicht allzu dickes Gebüsch ist. Man kann sich nur auf den festgelegten Routen bewegen. Die Kletteranimation ist wie eine kleine Zwischensequenz, in der Alex alles selbstständig ausführt.
Das gilt auch, wenn sie sich durch enge Passagen zwängen muss. Das ist insofern tragisch, als die Aliens später eine Art Sonarortung durchführen können, um kleinste Bewegungen aufzuspüren. Erwischt man den falschen Moment und zwängt sich gerade durch eine enge Passage, in der das Alien seine Ortung beginnt, heißt es nach der Zwischensequenz Game Over. Auch Gegenstände wie ein Brett zur Überwindung von Abgründen können nur an den dafür vorgesehenen Stellen eingesetzt werden. Lösungsansätze werden so auf ein Minimum reduziert und der Spieler kann nur den von den Entwicklern vorgegebenen Weg gehen. Schade.
Viele Möglichkeiten und doch kaum Abwechslung
In der ca. 7-8 Stunden dauernden Kampagne werden viele Spielmechaniken vorgestellt und erklärt, aber es gibt keinen echten Gamechanger. Die wichtigsten Spielmechaniken werden gleich zu Beginn des Abenteuers enthüllt. Zum einen ist da die Asthmaerkrankung, die zu gelegentlichen Asthmaanfällen führen kann, um diese möglichst unbeschadet zu überstehen, muss ein Quick-Time-Event absolviert werden. Um Alex‘ Stresslevel zu senken und den Asthmaanfall zu verhindern, liegen Beruhigungstabletten und Inhalatoren in der Welt bereit. Zum anderen bekommen wir ab der zweiten Stufe ein sogenanntes Phonometer, das uns den Geräuschpegel der Umgebung und unseren eigenen Geräuschpegel anzeigt. Das erweist sich als überlebenswichtig.
Leider fehlt es dem Spiel an Abwechslung. Die meiste Zeit müssen wir möglichst leise sein und den Aliens aus dem Weg gehen. Ja, ich weiß, das ist im Film auch so, aber gerade weil die Atmosphäre und die Begegnungen so nervenaufreibend intensiv sind, wird es auf Dauer anstrengend. Hier hätten die Entwickler meiner Meinung nach auf mehr Rückblicke in Alex‘ Vergangenheit zurückgreifen können, um auch für ruhige und wieder entspannende Momente zu sorgen, anstatt den Spieler ständig unter Strom zu setzen.
Fazit
„A Quiet Place: The Road Ahead“ ist Gott sei Dank keine Lizenzgurke geworden, sondern eine gelungene Adaption. Die Entwickler haben in Sachen Atmosphäre ganze Arbeit geleistet. Dank der hervorragenden Soundkulisse und der nervenaufreibenden Spielmechanik sind die Begegnungen mit den riesigen Aliens stets intensiv und beklemmend. Die geniale Integration des Mikrofons sorgt für ein packendes und immersives Spielerlebnis, das seinesgleichen sucht.
Leider hapert es noch hier und da an der Technik, die zu Abstürzen oder Spielblockaden führen kann. Zudem fehlt es an abwechslungsreichen Spielmomenten, so dass man ständig unter Spannung steht. Auch die weit auseinander liegenden Checkpoints lassen den Spielspaß schnell in Frust umschlagen. Zudem sind die Freiheiten des Spielers stark eingeschränkt, so dass nur der von den Entwicklern vorgesehene Lösungsweg zum Erfolg führt. Auch die vielen unsichtbaren Wände vor Abgründen oder Büschen dienen dazu, den Spieler in seiner Freiheit einzuschränken. Ich vergebe:
6.5 von 10 Punkten