Enotria: The Last Song im Test (Xbox Series S) – Kein Loblied auf Soulslikes

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Das Soulslike-Genre erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit und erfährt derzeit eine deutliche Steigerung der Popularität. Dies ist unter anderem dem Erfolg von „Elden Ring“ zu verdanken, dass das Genre in den Mainstream gebracht hat. Während etablierte Entwickler wie From Software das Genre weiterentwickeln und die Messlatte immer höher legen, versuchen sich vor allem Indie-Entwickler mit originellen Ideen. So auch die italienischen Entwickler von Jyamma Games, die mit ihrem Erstlingswerk Enotria: The Last Song einen Fuß ins Soulslike-Genre setzen wollen. Doch reichen gute Ideen und das untypische farbenfrohe Setting aus, um die Spieler zu überzeugen? Ich habe mich für Sie in die zauberhafte Theaterwelt von Enotria begeben und verrate Ihnen, was Sie vom Spiel erwarten können.

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https://youtu.be/D56wp4uegM8?si=_7OiLdgpHv66fPFE

Ein verdrehtes Spiel

Die Welt wird von einem Spiel namens Canovaccio beherrscht, dass die Welt in einer unnatürlichen Stasis hält. Du, Maskenloser, bist der Einzige, der frei von einer vorgegebenen Rolle ist und Herr deines Schicksals. Du musst die mächtigen Autoren besiegen, die das Spiel erschaffen haben. Dann kannst du die Welt aus der Stagnation befreien, indem du die Macht von Ardore nutzt. Werde zur Maske des Wandels.

Wie so oft im Soulslike-Genre, ist auch die Geschichte von Enotria sehr verworren erzählt. Zwischensequenzen werden lediglich zur Präsentation eines Bosses am Ende eines Areals eingesetzt und selbst die sind eher dürftig mit Informationen. Zudem ist der Übergang von Spiel zu Zwischensequenz und zurück sehr spartanisch umgesetzt. Wenn man einen Raum betritt, wechselt die Spielwelt plötzlich in eine Zwischensequenz. Das wirkt unsauber und stört die ansonsten gelungene Atmosphäre.

Altbekanntes Gericht mit neuen Zutaten

Enotria: The Last Song spielt sich nicht viel anders als andere Genre-Vertreter. Wir können leichte und schwere Angriffe ausführen, blocken und parieren. Die Haltungsmechanik erinnert ein bisschen an Sekiro. Wenn wir unsere Feinde angreifen, verlieren sie Lebenspunkte und erleiden einen Haltungsschaden. Wenn die Haltung gebrochen wird, können wir einen mächtigen Angriff starten, der bei Bossen enormen Schaden anrichtet und bei kleinen Feinden meistens zu ihrem Tod führt.

Außerdem haben die Entwickler eigene Mechaniken hinzugefügt, die Enotria interessant machen und viel Raum für kreative und individuelle Spielstile bieten. Wir können zum Beispiel die Masken von gefallenen Feinden aufsetzen und so in ihre Rollen schlüpfen. Jede Maske hat dabei ihren eigenen Vorteil. Eine Maske gibt euch mehr Heiltränke, eine andere verstärkt den Schaden, den ihr an Feinden verursacht, und wiederum eine andere verstärkt eure magischen Fähigkeiten oder stärkt eure Verteidigung. Insgesamt gibt es über 30 Masken im Spiel, die ihr entdecken und zu eurer eigenen Rolle mit Masken und unterschiedlichen Fähigkeiten kombinieren könnt. Ihr könnt bis zu drei Masken gleichzeitig auswählen und im Spiel jederzeit wechseln. So könnt ihr im Kampf auf drei unterschiedliche Taktiken setzen.

Das Spiel hat sieben verschiedene Waffentypen, über 100 Waffen, 68 Fähigkeiten und 45 Zauber. Das gibt dir genug Abwechslung und Taktiken, um dich jedem Feind stellen zu können. Viele Bosse werden es sogar abverlangen, dass ihr eure Strategien austestet und euch viel abverlangen, wenn ihr denn die Geduld aufbringen könnt. Neben dem Soulslike-Modus gibt es auch einen Story-Modus. Während ich den Soulslike-Modus noch im ersten Akt angenehm leicht fand, zog der Schwierigkeitsgrad im zweiten Akt dermaßen an, dass ich kaum den ersten Boss bezwingen konnte. Ich musste meine Strategie komplett ändern und mich ausprobieren.

Nach 20 Versuchen habe ich es dann gelassen, weil weniger seine Kampfmuster das Problem waren, sondern der negative Statuseffekt Gift, den er ab seiner zweiten Phase anwendet. In Dark Souls nimmt der Gifteffekt über einen sehr langen Zeitraum langsam an der Lebensenergie, während es in Enotria umgekehrt ist. Alle Status-Effekte halten relativ kurz an, aber sie rauben euch sehr viel Lebenskraft oder geben sie euch zurück. Letzteren Effekt habe ich am wenigsten verstanden. Warum sollten Gegner einen Effekt nutzen, der euch heilt? Aber zurück zum Boss. Hat der Boss seinen Giftschlag ausgeführt, der mir ein Drittel meines Lebens geraubt hat, dauerte die Heilanimation länger, als das Gift mir schließlich das restliche Drittel meines Lebens geraubt und mich getötet hat.

Nachdem meine Geduld am Ende war und keine meiner gewählten Strategien funktionierte, wechselte ich in den Story-Modus. Den könnt ihr übrigens jederzeit hin- und herschalten. Und siehe da, der Boss war so schnell erledigt, dass ich seine zweite Phase gar nicht erlebt habe.

Ein übereilter Balanceakt

Das war echt überraschend. Leider musste ich während meines Tests feststellen, dass die Balance im Spiel an vielen Stellen nicht stimmt. Ich meine damit nicht nur den schwierigen Spagat zwischen Soulslike- und Story-Modus. Der Soulslike-Modus ist eine echte Herausforderung und bei dem einen oder anderen Boss musste ich echt viel Geduld beweisen. Im Story-Modus ist das Spiel dagegen ein Spaziergang. Hier hätte ich mir einen größeren Unterschied gewünscht, vielleicht wäre es besser gewesen, wenn man die Parameter zum Einstellen der Schwierigkeit unterschiedlich hätte gestalten können. Ich bin oft einfach zum Story-Modus gewechselt und habe mich gar nicht mehr mit den Mechaniken vieler Gegner auseinandergesetzt. Dadurch hat sich für mich auch der Sinn eines Soulslikes komplett verflüchtigt.

Außerdem haben einige Bossgegner meiner Meinung nach ein weiteres Balanceproblem. Der Boss mit dem Gift hat mich ganz schön genervt, und auch sonst gab es viele, die in der ersten Phase zwar viel Schaden machen, aber in der zweiten dann einen sofort töten, egal wie gut man parieren oder ausweichen kann. Ich finde auch, dass einige Bossgegner ein weiteres Balanceproblem haben. Der Boss mit dem Gift hat mich ganz schön genervt, und auch sonst gab es viele, die in der ersten Phase zwar viel Schaden machen, aber in der zweiten dann einen sofort töten, egal wie gut man parieren oder ausweichen kann.

Das hat mich echt stutzig gemacht. Der Story-Modus ist so eine Art Ventil für den Frust der Spieler. Dadurch müssen die Entwickler nicht so viel Arbeit ins Balancing stecken. Wenn dir etwas zu schwer ist, wechsel einfach in den Story-Modus. Im Story-Modus verdient ihr direkt das Vierfache an Memorium (die Währung für Handel und Level-Ups). Wenn ihr euch dennoch durch den Soulslike-Modus kämpfen wollt, kann das unzählige Stunden an Level Ups ersparen.

Ein weiteres Manko stellt der technische Zustand dar. Während der knapp 30–40-stündigen Kampagne stürzte mir das Spiel auf der Series S ungefähr acht Mal ab. Ab und an kam es vor, dass Gegner sich plötzlich nicht mehr bewegten und ich sie somit locker erledigen konnte. Kennt ihr das Spiel Bug oder Feature? Nun, wozu mein nächster Punkt zählt, dürft ihr selbst entscheiden. Ich habe ein Giftsäbel gefunden, der Gegner vergiften kann, das kuriose an dem Schwert war jedoch, dass er mich ebenfalls vergiftete und somit unspielbar für mich wurde. Ab Akt 3, also dem dritten spielbaren Gebiet, kam es jede weile zu unschönen Rucklern, sodass ich das Gefühl nicht loswurde, dass der Release des Spiels zu vorzeitig und überstürzt kam. Hier muss definitiv nachgebessert werden. Wie die Performance auf der PS5, Xbox Series X oder dem PC aussieht, kann ich leider nicht sagen, aber auf der Series S läuft es bis zum dritten Akt eigentlich tadellos.

Wunderschöner Urlaubsflair

Bei aller Kritik muss man der Spielwelt aber auch ein Lob aussprechen. Die versprüht einen wunderschönen Urlaubsflair. Das erste Gebiet erinnert an eine kleine italienische Stadt in der Toskana, während das zweite an Sizilien erinnert und mit einem Kolosseum, eine Therme und jede Menge Ruinen aufwarten kann. Das weckt auch Erinnerungen an die griechische Kultur. Im dritten Gebiet seid ihr in einer Kanalstadt, die ganz klar von Venedig inspiriert wurde. Jedes Gebiet hat seinen eigenen Charme und seine ganz eigene Atmosphäre. Es macht echt Spaß, die vielen verwinkelten und großen Areale zu erkunden. Und die Belohnungen sind auch immer großzügig.

In den Kisten und frei liegenden Items, die überall verteilt sind, findet ihr neue Waffen, Zauber, Fähigkeiten und Verbesserungen für den Heiltrank. Neue Masken bekommt ihr, wenn ihr bestimmte Bosse oder kleinere Feinde besiegt. Bei den kleineren Feinden müsst ihr aber eine bestimmte Anzahl an Maskenbruchstücken sammeln, was manchmal etwas mühsam sein kann.

Wie bereits erwähnt verleihen die Masken euch unterschiedliche Effekte und ihr könnt auch Talente freischalten. Die Talente gewähren euch zusätzliche passive Effekte. Ein Talent kann zum Beispiel bewirken, dass die Haltung des Gegners bei einem perfekten Ausweichen gebrochen werden kann oder dass der Feind Schaden nimmt, sobald er euch trifft. Mit 68 unterschiedlichen Talenten kann man seinen eigenen Spielstil immer weiter ausbauen und ein wenig herumexperimentieren.

Und auch für die Erkundung und Umgebungsrätsel hat man sich eine spannende Idee ausgedacht. Ihr könnt mit dem Aufstampfen des Fußes an bestimmten Bereichen Zauber wirken und so eine Brücke oder andere Objekte erschaffen lassen. Einige davon erscheinen nur für ein paar Sekunden und müssen clever kombiniert in der richtigen Reihenfolge aktiviert werden, um zum Beispiel an eine Kiste zu kommen. Leider fehlt dieses Feature in der zweiten und dritten Welt fast vollständig. Das hätte ich mir hier mehr gewünscht.

Ich habe auch ein paar Kritikpunkte, was die Spielwelten angeht. Die sind manchmal so groß, dass man sich leicht verirrt. Durch die vielen optionalen Wege, die zu optionalen Bossen führen, habe ich mich oft total verloren gefühlt. Außerdem war es manchmal echt schwer, den Weg zu den nächsten Welten zu finden. Jeder Endgegner führt euch in eine Sackgasse. Von da aus müsst ihr in der Zwischensequenz gut aufpassen, die euch Hinweise auf den weiteren Weg gibt. Nach dem ersten Boss muss man zum Beispiel ganz an den Anfang zurück, weil sich erst dann ein Gatter geöffnet hat und man in die nächste Welt kommt. Und das passiert leider immer wieder.

Fazit

Enotria: The Last Song schlägt in eine ähnliche Kerbe wie Another Crab’s Treasure oder auch Flintlock: The Siege of Dawn. Alle genannten Spiele sind im Kern ganz ok, hauen einen aber zu keinem Zeitpunkt aus dem Hocker. Die Entwickler haben einen originellen und spannenden Ansatz für das Soulslike Genre verfolgt und scheiterten am Ende an den eigenen hochgesteckten Ambitionen.

Statt sich auf die Balance der Bosse, Fähigkeiten und der Ausrüstung zu konzentrieren, sind die Entwickler einen einfachen Weg dank Easy-Mode gegangen. Mit diesem Schritt gibt man gleichzeitig den Sinn und Zweck eines Soulslikes auf. Die Performance in der dritten Welt könnte verbessert werden, da sie gelegentlich zu kleinen Rucklern führt. Dies deutet darauf hin, dass das Spiel möglicherweise etwas zu früh auf den Markt gebracht wurde und die Entwickler sich bei der Größe der Spielwelt übernommen haben. Manchmal ist weniger eben doch mehr. Ich vergebe:

6 von 10 Punkte

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