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Corruption 2029 im Test – Kann Xcom einpacken?

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Der schwedische Spieleentwickler The Bearded Ladies ist mit dem neuen Strategie-Titel „Corruption 2029“ zurückgekehrt und möchte vor allem Hardcore-Strategen ansprechen. Schon mit ihrem Vorgänger-Projekt aus dem Jahr 2018 „Mutant Year Zero: Road to Eden“ sorgten die Entwickler für Aufsehen und kombinierten das bekannte strategische Kampfsystem der Xcom-Reihe mit Schleich- sowie Erkundungspassagen in Echtzeit. Erneut konzentrieren sich die Entwickler auf den Genre-Mix zwischen Erkundung und Strategie und entführen euch in eine düstere Zukunftsvision. Amerika wird von einem gefährlichen Regime übernommen und es liegt an dem Spieler das Kommando über ein Team von außerordentlich fähigen Soldaten zu übernehmen, um Amerika zu retten. Ich habe mich für euch mit dem Regime angelegt und verrate euch in diesem Test, ob „Corruption 2029“ das heiß ersehnte Spiel für alle Hardcore-Strategen ist oder doch nur heiße Luft.

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https://youtu.be/g8K_xOtBdUY

Die Story von „Corruption 2029“ ist relativ schnell und simpel erzählt. In naher Zukunft wurde Amerika von einem gefährlichen Regime übernommen. Mit eiserner Hand und grausamen Methoden wird das Volk unterdrückt. Die Spieler übernehmen die Kontrolle über eine kleine Truppe von Spezialeinheiten, dessen Aufgabe es ist das unmenschliche System zu infiltrieren, die Verderbtheit der Regierung aufzudecken und schlussendlich zu stürzen. Doch nicht alles ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

Lahme Inszenierung

In „Corruption 2029“ bauen die Entwickler ihre gewonnene Erfahrung aus dem Vorgängertitel „Mutant Year Zero: Road to Eden“ weiter aus und konzentrieren sich noch mehr auf die strategischen Feinheiten. Die Geschichte ist dabei auf drei Kapitel mit jeweils sechs Missionen aufgeteilt, wobei nach jeder Mission zusätzliche Waffen oder Implantate gewonnen werden. Vor Missionsbeginn können wir die Ausrüstung unseres Trupps, bestehend aus den drei Elite-Soldaten „Briggs“, „Wolf“ und „Tranter“, verändern. So kann jeder Charakter mit zwei Waffen ausgestattet werden. Zu Beginn habt ihr keine andere Wahl, als mit der euch vorgegebenen Ausrüstung klar zu kommen, doch nach und nach schaltet ihr immer mehr taktische Kniffe frei. Der Prolog dient dabei noch als Tutorial. Hier werden euch die Grundlagen des Genre-Mixes bis ins kleinste Detail erklärt, ohne dabei zu überfordern. Sobald ihr mit einer neuartigen Spielmechanik wie im späteren Verlauf Medikits, Granaten oder Sprengsätzen in Kontakt tretet, informiert euch eine kleine Infobox über alle nötigen Details.

Leider ist die Geschichte von „Corruption 2029“ nicht so detailliert ausgebaut wie es noch bei „Mutant Year Zero: Road to Eden“ der Fall war. Die Charaktere bleiben komplett seelenlos. Die einzigen Story-Schnipsel finden sich in gelegentliche Funksprüche eures Auftraggebers wieder oder alten Zeitungen, Briefen und Computern der Feinde, die ihr beim Erkunden entdecken könnt. Darüber hinaus bleiben die drei Elite-Soldaten Gesichts- und Charakterlos, da sie keine Hintergrundgeschichte spendiert bekommen und auch sonst komplett stumm bleiben. Darüber hinaus wird zwar eine zusammenhängende Welt geboten, in welcher man zwischen den einzelnen Schauplätzen wechseln kann, doch füllt sich diese ziemlich uninspiriert an, da zu viel wenig Abwechslung fürs Auge geboten wird. Die einzelnen Areale sehen sich viel zu ähnlich, nur eine Brücke oder auch später das Raketensilo stechen da aus dem üblichen Szenario bestehend aus den Vorposten des Regimes heraus.

Jede Mission ist vom Grundprinzip komplett identisch aufgebaut. In Echtzeit könnt ihr ein relativ kleines Gebiet frei Erkunden, die Positionen der Gegner erspähen und euch in Ruhe eine Taktik zurechtlegen. Ein besonderer Kniff dabei ist, dass ihr die drei Soldaten auf splitten könnt und diese vor Kampfbeginn taktisch hinter mögliche Deckungen in Position bringt, um anschließend die Feinde in die Mangel zu nehmen. So könnt ihr die Feinde schön Flankieren, bevor der Kampf überhaupt losgegangen ist. Eine weitere Besonderheit stellen die stillen Waffen dar. Dabei handelt es sich um Gewehre oder Pistolen mit Schalldämpfern, wodurch es ermöglicht wird isolierte Feinde vor Kampfbeginn bereits lautlos auszuschalten und die Anzahl der Gegner aus dem Verborgenen zu dezimieren. Dabei müsst ihr jedoch darauf achten, dass die Todesschreie nicht von anderen Feinden wahrgenommen werden können oder sich gar noch ein weiterer Feind in der Nähe aufhält. Stehen gerade zwei feinde nebeneinander, dann lohnt es sich die Umgebung genauer unter die Lupe zu nehmen, denn oft finden sich Ablenkungsgelegenheiten. So können wir zum Beispiel einen Fernseher oder Radiogerät einschalten, um Feinde voneinander zu trennen und lautlos auszuschalten.

Um zu erkennen, wann uns ein Feind erspähen könnte, existiert ein sogenannter Sichtkreis, der eindeutig aufzeigt, im welchen Bereich ein Feind solche verräterischen Handlungen wahrnehmen kann. Selbstverständlich werdet ihr deutlich schneller entdeckt, wenn ihr aufrecht durch die Areale lauft, also solltet ihr vorzugsweise geduckt fortbewegen. Außerhalb des Sichtkreises eines Feindes kann so ziemlich alles passieren, ohne dass dieser davon Wind bekommt. So sind die Feinde nicht in der Lage gefallene Kameraden auf ihren Patrouillen zu entdecken, auch wenn sie praktisch über dessen Leichen steigen. Wurdet ihr jedoch entdeckt oder habt auf andere Weise den Alarm ausgeschlagen, dann ist Köpfchen gefragt, denn selbst auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad ist „Corruption 2029“ nichts für Anfänger.

Strategie ist Trumpf

Das Kampfsystem basiert auf dem rundenbasierten Strategiehit „Xcom“. Demnach kann der Spieler mit seinen Einheiten pro Runde höchsten zwei Aktionen ausführen, wobei ein Angriff den Zug der Einheit sofort beendet. Dabei stehen einem eine Vielzahl an taktischen Möglichkeiten zur Wahl. Ihr könnt einer Einheit zum Beispiel den Befehl geben bei Sichtkontakt das Feuer zu eröffnen oder sich zu verschanzen. Im Areal selbst stehen dem Spieler kleinere sowie größere Objekte zur Verfügung, um Deckung zu suchen. Wie umfangreich der Schutz der Deckung ausfällt, zeigt immer ein halbes bzw. volles Schildsymbol an. Durch Explosionen oder anderen schweren Angriffen kann die Deckung jedoch auch komplett zerstört werden. Wer nicht aufpasst, gerät schnell in die Flanke des Gegners.

Ist das erste Kapitel noch relativ einfach zu bestehen, zieht der Schwierigkeitsgrad schon im nächsten Kapitel deutlich an. So werden nach und nach neue Gegnertypen enthüllt, die immer wieder neue Strategien von euch erfordern. Zudem müsst ihr immer wieder aufs Neue abwägen, welchen Feind ihr als erstes ausschaltet, denn einige werden euch das Leben schwermachen. So gibt es sogenannte Aufseher, die mit jedem neuen Zug kleine Einheiten beschwören. Da ihr die meiste Zeit jedoch nur über drei Einheiten verfügt, wird so eine Schlacht ziemlich aussichtslos, wenn zwei oder gleich drei Aufseher daran beteiligt sind. Doch nicht nur Aufseher, auch kleine Drohnen, die bereits gefallene Soldaten wiederbeleben können, werden euch das Leben schwermachen. Um als Sieger hervorgehen zu können, werdet ihr nicht Drumherum kommen die Umgebungen genau unter die Lupe zu nehmen. Hier finden sich oftmals strategische Vorteile, wie eine klug platzierte Mine oder ein feindliches Geschütz, welches gehacked werden kann und effizient Kleinholz aus den Gegnern macht.

Für weitere strategische Tiefe sorgen die bereits angesprochenen Implantate. So könnt ihr jeden Charakter insgesamt mit drei passiven oder aktiven Implantaten ausrüsten. Während die passiven Implantate Eigenschaften wie kritische Treffer, Waffenreichweite oder Treffsicherheit erhöhen, verschaffen euch die aktiven Implantate neue Fähigkeiten. Unter anderem könnt ihr einen weiten Sprung ausführen, der euch sofort auf Dächer befördert oder euch schnell aus einer flankierten Position heraushilft. Ein weiteres Implantat friert den Gegner für eine Runde ein oder ihr entscheidet euch dafür mit einem Sprint die Deckung des Gegners zu zerstören und ihn kurzzeitig zu betäuben.

Enttäuschend fällt leider das Missionsdesign aus. Die Missionen spielen sich größtenteils identisch und oftmals besteht eurer Auftrag daraus alle feindlichen Einheiten in dem Gebiet zu töten. Nur selten müsst ihr jemanden retten oder bestimmte Dokumente sichern. Auch die Nebenmissionen, die teilweise in anderen Bereichen erledigt werden können bieten da keine Abwechslung. Zudem werdet ihr oft in darauffolgenden Missionen immer wieder an dieselben Schauplätze geschickt, die einfach nur mit mehr oder anderen Gegnern gefüllt sind.

Wer es besonders schwer mag, kann auch die in jeder Mission freischaltbaren Medaillen in Angriff nehmen, welche die Missionen um einiges schwerer machen. Diese verlangen von euch unter anderem auf den Einsatz von Implantaten oder Granaten zu verzichten, was durchaus über Sieg oder Niederlage bedeuten könnte. Sollten diese Einschränkungen nicht genug sein, der freut sich sicherlich über die drei Schwierigkeitsstufen „leicht“, „mittel“ und „schwer“. Während eure Einheiten auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad nach jeder Schlacht wieder volle Gesundheit erlangen, über mehr Lebenspunkte verfügen und Gegner weniger Schaden austeilen, werden diese Eigenschaften mit jedem erhöhten Schwierigkeitsgrad stufenweise verschärft.

Fazit

Während Strategen und Taktikspezialisten mit „Corruption 2029“ voll auf ihre Kosten kommen sollten, werden es unerfahrene Taktiker nicht leicht haben. Trotz des guten Tutorials und der Schleichkill Option zieht der Schwierigkeitsgrad ab der Hälfte des Spiels deutlich an. Dabei macht der Genre-Mix zwischen Erkundung und Strategie verdammt viel Spaß. Schade nur, dass sich die Entwickler von The Bearded Ladies größtenteils auf die Strategie konzentriert haben und den Storypart scheinbar ausblendeten. Anders kann ich mir die völlig austauschbaren Charaktere, die magere Inszenierung der Story sowie das völlig Klischeehafte Regime nicht erklären. Weiteres Potenzial verschenkt der Titel mit den abwechlungsarmen Schauplätzen sowie Missionsdesign. Die Schauplätze sehen sich leider viel zu ähnlich und meistens geht es schlicht darum alle Feinde im Gebiet zu töten. Hier hätte Abwechslung wahre Wunder bewirkt. Immerhin schaffen es die freischaltbaren Waffen und Implantate euch zu motivieren weiter zu machen. Trotz zahlreicher taktischer Finessen spielt „Corruption 2029“ nicht in der gleichen Liga wie „Xcom 2“, dafür bekommt man für gerade einmal knapp 20 Euro einen großartigen rundenbasierten Strategietitel, der eure grauen Zellen bis in den letzten Winkel fordern wird. Aus diesem Grund vergebe ich:

7 von 10 Punkten