Agatha Christie gehört mit ihren spannenden Geschichten über den belgischen Detektiv Hercule Poirot und seinen Freund Arthur Hastings sowie die altjüngferliche Miss Marple zu den erfolgreichsten Autorinnen der Literaturgeschichte. Ihre zahlreichen Werke wurden mehrfach mit großem Erfolg für Kino und Fernsehen verfilmt sowie für die Bühne adaptiert. Und natürlich wurden einige Werke in Videospiele umgesetzt, wie der aktuell für die Nintendo Switch erhältliche Titel „Agatha Christie – The ABC Murders“. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein komplett neues Spiel, sondern um eine etwas verspätete Portierung. So ist das Spiel bereits seit Februar 2016 für PlayStation 4, Xbox One und den PC erhältlich. Dementsprechend günstig fallen die Versionen auf den entsprechenden Plattformen aus, warum also 40 Euro für die Switch Version ausgeben? Nun, dieser und anderen Fragen gehe ich in diesem Test auf den Grund.
In „Agatha Christie – The ABC Murders“ schlüpfen die Spieler in die Rolle des berühmten Privatdetektives Hercule Poirot, der von einem gewieften Feind herausgefordert wird. Ein heimtückischer Serienmörder, der sich selbst nur „ABC“ nennt, kündigt seine Morde per Brief direkt an Poirot adressiert an und hält sich für unantastbar. Auf der spannenden Jagd nach dem Mörder besuchen die Spieler viele Tatorte in verschiedenen Städten im ganzen Vereinigten Königreich. Es müssen viele Hinwiese berücksichtigt und kombiniert werden, um die Vorgehensweise des Mörders verstehen zu können. Seid ihr in der Lage den „ABC“-Mörder zu schnappen?
Ein passendes Genre
Wie so viele Detektiv-Geschichten wurde auch „Agatha Christie – The ABC Murders“ in ein Point&Click-Adventure-Gewand gesteckt. Es ist und bleibt das wohl passendste Genre, um die grauen Zellen zu fordern und zu animieren. Die Szenerie stets im Überblick behaltend steuern wir Hercule Poirot aus der dritten Person mit dem linken Analog-Stick des Controllers über die Schauplätze. Mit dem rechten Stick lassen wir eine kleine Lupe über den Bildschirm gleiten, die uns stets auf interessante Dinge aufmerksam macht. So entgeht uns kein Hinweis und sollten wir doch mal nicht weiterkommen, dann können wir im Hauptmenü auf eine kleine Hilfe namens „Indiz“ zurückgreifen.
Aktivieren wir die Hilfe, dann wird ein Hinweis aufgezeigt, ein Tipp gegeben oder auch ein kniffliger Punkt eines Rätsels übersprungen. Damit wir aber nicht schummeln und nur noch die Hilfs-Funktion bashen, wurde diese mit einem kleinen Cool-Down-Timer versehen, sodass wir trotz Hilfestellung immer noch motiviert werden selbst am Ball zu bleiben, um weiter zu kommen. Das ist eine großartige Art und Weise, den Spieler an die Hand zu nehmen ohne dabei alles vorweg zu nehmen. So bleibt die Frustgrenze auf einem soliden Level und der Spieler erhält so die Möglichkeit auf jeden Fall das Ende der Geschichte zu erreichen.
Ein stetig steigendes Niveau
In dem doch recht überschaubar kurzen Abenteuer steigt der Anspruch an den Spieler mit jedem neuen Mordfall. Während der erste Mord noch als eine Art Tutorial gesehen werden kann und man quasi über die Hinweise stolpert, wird es ab dem zweiten Fall schon kniffliger. Zudem kommen vermehrt auch Objekt-Rätsel hinzu, wo der Spieler genauestens hinschauen muss, um den richtigen Knopf zu finden, um eine Holzbox oder einen Schrank zum Öffnen zu bewegen. Diese Rätsel bringen etwas Abwechslung in das Spiel und sind besonders fordernd. Das Spiel selbst nervt euch nicht allzu sehr mit dem Genre-typischen Inventar-Management, da Poirot selten mehr als einen Gegenstand im Inventar behält, den er nicht gleich im nächsten Szenario verwenden kann.
Auch das Kombinieren der einzelnen Hinweise ist eine tolle Spielmechanik, die das sonstige Gameplay auflockert. Schade nur, dass hier nicht viel Grips abverlangt wird. Da hier oft nur zwei Hinweise miteinander kombiniert werden können und Fehlversuche nicht abgestraft werden, braucht man nicht einmal die geforderte Schlussfolgerung zu lesen, sondern kommt durch bloßes hin und her Versuchen weiter. Bei drei kombinierbaren Hinweisen wird es zwar etwas schwieriger, doch auch hier bleiben die Anforderungen recht simpel. Es kommt sogar vor, dass nur ein Hinweis gesucht wird, was sich selbstverständlich als völlig anspruchslos erweist. Dementsprechend kommt man recht fix voran, nur selten kam es vor, dass ich nicht sofort auf die Rätsels Lösung gestoßen bin.
Tiefe bleibt auf der Strecke
Bei der recht kurzen Kampagne von knapp sechs Stunden bleiben vor allem die Charaktere auf der Strecke. Hercule Poirot, Arthur Hastings und Kommissar Japp sind die Hauptfiguren dieser Geschichte, doch lernt man nur wenig über sie kennen. Viel mehr tritt das Gameplay in den Vordergrund und verdrängt mit seiner recht schnellen Abfolge von Ereignissen alles Weitere in den Hintergrund. Zum Beispiel werden Spieler mit sogenannten „Ego-Punkten“ belohnt, wenn sie genauso reagieren und agieren wie der Detektiv Hercule Poirot, doch ist es recht schwierig, wenn man rein gar nichts über diese Figur weiß. Und man erfährt im Laufe des Abenteuers auch nichts Wesentliches über Hercule Poirot.
Fragen bezüglich seiner Person, warum er der Polizei bei den Ermittlungen helfen darf, wer er überhaupt ist und welchen sozialen Status er inne hat, bleiben größtenteils unbeantwortet, sodass wir Spieler am Ende zwar eine nette Krimi-Geschichte erleben, aber weiterhin über die Helden im unklaren verbleiben. Wer noch nie von Hercule Poirot gehört hat oder ihn durch Film, Theater oder Literatur kennenlernen konnte, der kann leider nicht darauf hoffen, ihn durch dieses Spiel in all seinen Facetten zu erleben. Bis auf die Tatsache, dass er ähnlich wie Sherlock Holmes ein brillanter Detektiv ist, lernen wir nichts Weiteres über diese Figur kennen. Wir können nur selbst Schlussfolgern, so scheint er recht Eitel zu sein, da man jedes Mal mit Ego-Punkten belohnt wird, wenn man sich in einem Spiegel zurecht macht. Aber ob das tatsächlich der Fall ist, kann ich nicht mit Sicherheit beantworten.
Fazit
„Agatha Christie – The ABC Murders“ ist eine spannende Krimi-Geschichte, die hier in ein Point&Click-Adventure-Gewand gepresst wurde. Das Genre eignet sich meiner Meinung nach am besten dazu solche Detektiv-Geschichten zu verarbeiten und den Spieler dazu aufzufordern die grauen Zellen zu benutzen. Das Niveau dieses Abenteuers steigt angenehm von Mordfall zu Mordfall an. Dank Objekt-Rätsel und dem Kombinieren von Hinweisen wird auch etwas Abwechslung geboten. Auch die zahlreichen Tatorte und Kulissen sehen wunderschön aus.
Der Bildschirm wirkt zu keinem Zeitpunkt überladen, sodass Hinweise schnell gefunden sind und mit der Hilfs-Funktion gibt man auch unerfahrenen Spielern die Möglichkeit die Geschichte zu durchleben. Mit den sogenannten „Ego-Punkten“ versucht man zwar dem Spieler die Figur des Hercule Poirot näher zu bringen, indem man dazu animiert genauso zu agieren wie es der Held tun würde, doch für mich persönlich funktioniert das auf diesem Wege nicht sonderlich gut. Dennoch ist die Geschichte spannend genug Inszeniert, sodass man stets motiviert bleibt.
Dies führt uns zu der Anfangs aufgeführten Frage zurück: „warum also 40 Euro für die Switch Version ausgeben?“ Ganz einfach, wer es noch nicht kennt oder nur eine Switch zu Hause hat, kann eine spannende Detektiv-Geschichte erleben, die sich mit einer kurzen Spieldauer von knapp sechs Stunden perfekt für ein Handheld-Gerät eignet. Leider bleiben aber auch die Charaktere auf der Strecke und wir lernen nichts über sie kennen. Das ist sehr Schade, denn dadurch wirken Hercule Poirot und sein Freund Arthur Hastings wie billige Kopien des bekannten Detektiv-Duos Sherlock Holmes und Dr. John Watson. Somit vergebe ich:
7 von 10 Punkten