Als „Limbo“ des dänischen Independent-Entwicklerstudios Playdead am 21. Juli 2010 erschien, begründete es eine völlig neue Art des 2D-Side-Scroller-Genres, ähnlich wie es From Software mit ihrer Dark Souls-Reihe schaffte. Dank stimmiger Atmosphäre, grandiosem Soundtrack und minimalistischen Storytelling eroberte Limbo schnell die Herzen der Kritiker und Spieler. Daraufhin folgten weitere Titel wie „Inside“, „Little Nightmares“ oder auch „Planet Alpha“, die in eine ähnliche Richtung gingen. Mit „Stela“ schlagen die kanadischen Entwickler von SkyBox Labs in die gleiche Kerbe und wecken die leicht verblassten Erinnerungen an „Limbo“ und „Inside“. Seit dem 17. Oktober 2019 ist „Stela“ für iOS und die Xbox One erhältlich. Nun folgten Versionen für den PC (Microsoft Windows, Mac OS) und die Nintendo Switch. Wir haben uns „Stela“ auf der Switch angesehen und für euch getestet. Wir verraten euch die Stärken aber auch die Schwächen und ergründen, ob es „Stela“ auf den Side-Scroller-Thron schafft.
https://youtu.be/OZdRDDQ0xQo
„Stela“ erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die Zeugin der letzten Tage einer mysteriösen alten Welt wird. Auf der Reise durch das vom Verfall gezeichneten Land stehen die Spieler vor der Herausforderung gigantischen Monstern zu entfliehen, indem sie sich mit ihrer Umgebung vertraut machen. Sie müssen die Umgebung manipulieren, um Rätsel zu lösen und sich schleichend im Schutze der einsamen Landschaften bewegen, um den lauernden Gefahren zu entkommen. Hautnah erleben die Spieler den Untergang dieser verstummten Welt mit und ziehen an mysteriösen Städten, verwunschenen Wäldern und gewaltige unterirdischen Ruinen vorbei – ständig begleitet von einem originellen Soundtrack.
Minimalismus ist Trumpf
„Stela“ sieht nicht nur so aus wie „Limbo“ oder „Inside“ es ist auch in allen anderen Belangen so ziemlich identisch. So wird die Geschichte allein von ihrer Umgebung und der dichten Atmopshäre getragen, da weder Sprache noch Texte existieren. So erfahren wir nie, ob zum Beispiel Stela der Name der Protagonistin oder der Welt selbst ist oder vielleicht sogar der verherrenden Katastrophe. Auch die Steuerung ist maximal simpel gehalten. So können wir nur nach rechts oder links laufen, hüpfen und mit wenigen Objekten interagieren. Einige kleinere Vorsprünge erklimmt die Protagonistin sogar automatisch. Auch die Interaktionsmöglichkeiten sind sehr eingeschränkt. Per Knopfdruck lassen sich Kisten bewegen, Schalter drücken und in seltenen Fällen Steine oder andere Objekte aufheben.
Im großen und ganzen funktioniert „Stela“ nach dem Trial&Error-Prinzip, dies bedeutet, dass ihr einige Abschnitte erst kennenlernen müsst, um diese überhaupt überwinden zu können. Alle paar Meter werden euch Hindernisse in den Weg gelegt. Einen zu hohen Vorsprung überwindet ihr mit einer herangeschobenen Kiste, bei einem brüchigen Boden oder einem plötzlich heran pirschenden Monster werdet ihr zwar zunächst sterben, doch spätestens nach dem zweiten versuch wisst ihr wann ihr im richtigen Moment springen müsst oder wo ihr euch zunächst still hinter einem Baum verstecken müsst. Wer bereits „Limbo“ oder „Inside“ gespielt hat, der wird sogar einige Fallen auf den ersten Blick erkennen können und so noch weniger Probleme haben. Da aber das Sterben zum Spielkonzept gehört, sind die Checkpoints sehr großzügig gesetzt und ihr müsst nur wenige Schritte machen, um zum letzten Hinderniss zu kommen.
Wirklich lange nachdenken müsst ihr bei „Stela“ jedoch nie. Die meisten Rätsel, wenn man sie so nennen darf, sind meist auf den zweiten Blick durchschaut. Da haben andere Titel einen wesentlich besseren Job gemacht. Somit dürfte dieser Aspekt Knobbelfans enttäuschen, doch sorgt er auch für einen wesentlichen flüssigeren Spielfluß und vermeidet Frustmomente. Somit gehört „Stela“ mehr zu den Titeln, die dazu einladen sich ganz und gar auf die Stimmung einzulassen und zu genießen. Für etwas Frust sorgte jedoch ein auffallend hoher Inuput-Lag, wodurch einige Sprungpassagen öfter als notwenig wiederholt werden mussten.
Trotz Verfall nicht öde
Die Entwickler von „Stela“ setzen auf eine Vielfältige Welt. Trotz des drohenden Untergangs werden uns nicht nur eintönige Farben präsentiert. So führt uns unsere Reise durch den zunächst aschgrauen Wald, der von einem hellen Mond stimmungsvoll beleuchtet wird und einen orange lodernden Waldrand, der uns mitten auf ein von Feuerpfeilen regnendes Schlachtfeld führt – wer oder was sich da bekämpft erfahren wir leider nie, doch es ist einer der eindrucksvollsten Momente. Zudem stapfen wir durch eine weiße Schneelandschaft, durch tief schwarze Höhlen oder auch durch blau getünchte Tempel. Auch wenn die grafische Qualität weit hinter den aktuellen Titeln zurückbleibt, ist „Stela“ dennoch ein wunderschönes Spiel.
Trotz aller Vielfalt muss sich „Stela“ jedoch in Punkto Atmosphäre und des Environmental Storytellings (mit der Umgebung erzählen) deutlich geschlagen geben. Die dichte Atmosphäre eines „Limbo“ oder auch „Little Nightmares“ wird zu keinem Zeitpunkt erreicht. Auch die Spielwelt wirkt nicht so stimmig und interessant wie in den zuvor genannten Titeln. Bei „Stela“ bekommt man das Gefühl, dass die Entwickler sich nicht für eine Richtung entscheiden konnten. Soll es nun eine Horror-Abenteuer wie „Limbo“ werden oder überzeugt man doch lieber mit stimmungsvollen Umgebungen und futuristischen Arealen? Dementsprechend fühlen sich die meisten Level, der knapp zweistündigen Kampagne, wie eine Aneinanderreihung unterschiedlicher Konzepten an.
Trotz einiger Schwächen wird „Stela“ jedoch zu keinem Zeitpunkt langweilig. Hierfür sorgen einige sehr starke Spielmomente, wie das bereits erwähnte Schlachtfeld und die überaus stimmige Soundkulisse der kanadischen Spielmusik- und Soundeffekt-Firma A Shell in the Pit. Mal werden eure eure Schritte mit melancholischen sowie erhabenen Klängen untermalt und mal scheint die Bedrohung förmlich aus den Boxen zu kommen. Zudem passen die Klänge stets zu den jeweiligen Arealen und wirken zu keinem Zeitpunkt deplatziert.
Fazit
Es ist nicht zu übersehen, an welchen Titeln sich die Entwickler von „Stela“ orientiert haben. Dementsprechend muss sich der Titel auch den direkten Vergleich mit „Limbo“ und „Inside“ gefallen lassen. Für sich selbst genommen ist „Stela“ ein durchaus solider Titel, der vor allem durch seine Klangkulisse überzeugen kann. Das knapp zweistündige Abenteuer bleibt durchweg spannend und hat einige unvergessliche Momente auf Lager. Dennoch erreicht der Titel zu keinem Zeitpunkt die Qualität eines „Limbo“ oder „Inside“. In Punkto Leveldesign, Atmosphäre und stimmiger Spielwelt unterliegt „Stela“ deutlich. Auch die grafische Qualität liegt weit hinter aktuellen Titeln zurück. Dennoch können wir „Stela“ jedem Fan des Genres ans Herz legen, denn viele Areale sind wunderschön inszeniert und Frustmomente sind kaum vorhanden. Ich vergebe:
7 von 10 Punkten