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Lost Judgment im Test – Es fliegen wieder Denkschellen

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Mit „Judgment“ aus dem Jahr 2018 bzw. 2019 entführten euch die Entwickler des Ryu Ga Gotoku Studios in eine faszinierende Krimigeschichte, die im Yakuza Universum spielt. Mit dem direkten Nachfolger „Lost Judgment“ knüpft man an die Stärken des Vorgängers an und versucht die Schwächen des Vorgängers nicht zu wiederholen. Doch in wie weit gelingt ihnen dieses Vorhaben? Dank Koch Media und Sega durften wir den Titel für euch testen und verraten euch ob „Lost Judgment“ einen Blick Wert ist. 

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https://youtu.be/TmoPKbtEviM

Erneut schlüpfen Spieler in die Haut des Privatdetektivs Takayuki Yagami, der sich nicht nur auf diverse Hilfsmittel wie Drohne, Spürhund oder Wanzendetektor verlassen kann, sondern auch noch in actionreichen Kämpfen auf unterschiedliche Kampfstile (Kranich, Tiger und Schlange) zurückgreift. Die Ereignisse finden drei Jahre nach „Judgment“ statt und verschlagen den gewitzten Detektiven nicht nur in den fiktiven Vergnügungsbezirk Kamurocho in Tokyo, sondern auch nach Isezaki Ijincho in Yokohama. Beide Schauplätze dürften Yakuza Fans direkt bekannt vorkommen. In Ijincho durften Fans zuletzt auch in der Haut von Ichiban Kasuga in  „Yakuza: Like a Dragon“ die Fäuste sprechen lassen. 

 

Ein fesselnder Kriminalfall

Yagamis neuster Fall scheint eigentlich nichts spektakuläres zu werden, denn seine guten Freunde Fumiya Sugiura und Makato Tsukumo haben in Yokohama ihr eigenes Detektivbüro das sogenannte Yokohama 99 gegründet und bitten Yagami um Hilfe. Der Direktor einer Privatschule hat die Detektei damit beauftragt nach Mobbing Vorfällen Ausschau zu halten, um diese unterbinden zu können. Währenddessen wird Akihiro Ehara wegen sexueller Belästigung an einer Frau zu einer Haftstrafe verurteilt.

Direkt nach der Urteilsverkündung wendet sich Ehara an den vollen Gerichtssaal und nennt den Namen einer noch nicht identifizierten Leiche, die vor drei Tagen in einem leer stehenden Gebäude in Yokohama gefunden wurde. Aber wie gelang Ehara an diese Information? Er kann unmöglich der Mörder sein, da er zum Tatzeitpunkt des Mordes eine junge Frau am Bahnhof begrabscht hat. Wie hätte Ehara zwei Verbrechen zur gleichen Zeit begehen können? War die sexuelle Belästigung nur ein Täuschungsmanöver? Eharas Strafverteidigerin, Saori Shirosaki, ist überzeugt davon, dass Detektiv Takayuki Yagami Licht ins Dunkel bringen kann und bittet ihn um Hilfe. Schnell findet Yagami heraus, dass es sich bei der Leiche Hiro Mikoshiba es sich um einen Referendar einer Privatschule aus Yokohama handelt, der vier Jahre zuvor beschuldigt wurde Eharas Sohn gemobbt und diesen somit in den Suizid getrieben zu haben. 

Die verworrene Geschichte um einen Mordfall in Yokohama, einer sexuellen Belästigung und Mobbing an einer Privatschule entfaltet sich nur gemächlich und es vergehen einige Spielstunden bis wir überhaupt anfangen die gut gesetzten Puzzlestücke zusammen zu setzen. Fans der Reihe sind es jedoch gewohnt, dass man sich Zeit für die Charaktere und die Geschichte nimmt, auf diese Weise, können auch Neulinge schnell in die Welt von „Lost Judgment“ eintauchen und müssen nicht unbedingt den Vorgänger gespielt haben.

Einmal Durschnitt Deluxe bitte

Wer die Yakuza Reihe kennt, der weiß, dass vor allem die spannenden Geschichten durchweg überzeugen können. Spielerisch glänzt man eher durch Masse statt Klasse und diese Tradition behält auch „Lost Judgment“ bei. Die Spieler bekommen eine Fülle an Mini Games, Nebenquests, Freizeitaktivitäten und ein voll funktionsfähiges Master System mit Vollversionen wie „Alex Kidd in Miracle World“. Zudem kann man die Arcade Hallen aufsuchen und Kampfspiele wie „Virtua Fighter 5“ oder „Sonic Fighters“ entweder Solo oder im 2 Spieler Modus durchspielen. Ihr merkt sicherlich schon, dass man unzählige Stunden mit „Lost Judgment“ verbringen könnte und die Spielerfahrung weit über nur ein Spiel hinausgehen kann.

Leider sind mir persönlich vor allem die zahlreichen Mini Games schnell auf die Nerven gegangen, da diese schlichtweg mittelmäßig designt sind und dadurch nur für kurzen Spielspaß sorgen. Viele Aufgaben sind jedoch unweigerlich an diese Mini Games geknüpft, sodass man sich als Spieler immer wieder durch dieselben Spiele quälen muss. Wer zum Beispiel einige spannende Schulgeschichten erleben möchte, muss sich im Tanzclub durch mehrere Tanzeinlagen schlagen, die durch Rythmus und Timing gewonnen werden. Doch auch in der Hauptgeschichte müssen wir in Yagamis Haut immer wieder die gleichen abwechslungsarmen Mini Games bewältigen, um voran zu kommen. Auf diese Weise verkommt selbst die eigentlich spannende Detektivarbeit zur quälenden Wiederholungstat. 

Leute observieren, schleichen, mit dem Spürhund Gassi gehen, Drohne fliegen lassen, mit dem Abhörgerät nach verdächtigen Geräuschen Ausschau halten oder mit einem Detektor nach Peilsendern suchen klingt ziemlich abwechslungsreich und das ist es auch, aber leider alles auf einem stupidem Niveau. Beim Schleichen müssen wir Yagami zum Beispiel lediglich von einem leuchtenden Kästchen zum nächsten Manövrieren, um von dort aus die dummen Gegner mit einem Münzwurf abzulenken oder aber durch Gasbomben kurzzeitig zu blenden. Auch die Verfolgungsjagden sind eher schlecht als recht, da diese aus langweiligen Quick Time Events bestehen. Yagami läuft auf automatischen Bahnen und ihr müsst die richtigen Knöpfe drücken, um den Flüchtigen zu schnappen. Also langweiliger geht’s wohl kaum. Und auf diesem Niveau bewegen sich die restlichen Aktivitäten. 

Da helfen nur Denkschellen

Zum Glück überzeugt „Lost Judgment“ nicht nur mit einer fesselnden Geschichte sondern auch noch mit den Keilereien. Und diese sind gar nicht mal so selten, wie man es von einem Detektivspiel möglicherweise vermuten würde. Wenn Yagami mit seinen verbalen Argumenten nicht vorwärts kommt, dann müssen nun mal die Fäuste sprechen. Hierfür greift unser Held auf drei unterschiedliche Kampfstile zurück. Wenn es brachial zugehen soll, dann wählt man den Tiger-Stil, bei mehreren Gegnern empfiehlt sich der ausufernde Kranich-Stil und der Schlangen-Stil ist ein hervorragender Allrounder.

Je nach Situation kann man schnell zwischen Kampfstilen wählen. Doch Yagami setzt nicht nur seine Fäuste ein, auch die Umgebung kann sinnvoll genutzt werden. Dinge wie Eimer, Stühle oder Pylonen können jederzeit gegriffen werden, um sie den Feinden um die Ohren zu pfeffern. Hat man zudem die sogenannte Ex-Leiste gefüllt, lassen sich eindrucksvoll inszenierte Spezial Manöver ausführen, die ordentlich Schaden zufügen. 

Dank eines schlicht gehaltenen Rollenspielsystems, verdienen wir zudem nach jeder Aktion Erfahrungspunkte, mit denen wir Yagamis Fähigkeiten Stück für Stück verbessern und sogar neue Moves erlernen. Schade nur, dass die Kämpfe deutlich überwiegen und man dem Spieler keinen Grips zutraut. Ziemlich inkonsequent prügelt sich Yagami durch die Spielwelt, dabei ist es ihm egal ob mobbende Studenten, gewaltbereite Passanten oder aber mordlustige Gangster sich ihm in den Weg stellen, alle bekommen eins auf die Mütze. Dabei gibt es auch Spielabschnitte, wo wir nach Hinweisen suchen, Leute ausfragen und sogar Beweise vorlegen müssen. Doch diese Abschnitte spielen gar keine wichtige Rolle, da man dem Spieler scheinbar nichts zutraut. Inkonsequent und ohne Einschränkungen können wir uns wild durch die Beweislage klicken, bis endlich das richtige gefunden wurde. 

Fazit

Mit „Lost Judgment“ liefert Sega eigentlich genau das ab, was Fans an der beliebten Yakuza Reihe so lieben. Der verrückte japanische Humor lockert die recht düstere Kriminalgeschichte immer wider auf. Die actiongeladenen Keilereien machen auch nach unzähligen Spielstunden noch Spaß und verlieren zu keinem Zeitpunkt ihren Reiz. Wie schon im Vorgänger sind Fäuste mehr gefragt als Grips und die zahlreichen Mini-Games sorgen zwar für Abwechslung, bewegen sich spielerisch jedoch im mittleren Bereich, sodass diese schon nach dem zweiten Mal ihren Reiz verlieren. Man bleibt der bisher erfolgreichen Formel treu und wagt sich kaum einen Ausreißer. Weiterhin setzt man bei den Ryu Ga Gotoku Studios auf Masse statt Klasse und obwohl ich wirklich viel kritisiere und die leise Hoffnung habe, dass der nächste Ableger mehr Mut in Richtung Innovation aufbringt, kann ich den Titel jedem wärmstens an Herz legen. 

Die Geschichte hat mich wirklich gefesselt und mit jedem neuen Kapitel fieberte ich mit Yagami und seinen Freunden mit. Auch wenn die Mini Games recht schnell nervig werden, motivieren die Kämpfe und die Geschichte ungemein. „Lost Judgment“ ist ein großartiges Spiel zum mit fiebern, lachen und weinen. Trotz aller Mittelmäßigkeit, konnte ich den Controller kaum aus der Hand legen. Es ist und bleibt ein Phänomen. Aus diesem Grund vergebe ich: 

8 von 10 Punkten