Immortals Fenyx Rising ™ 20201128123522

Immortals Fenyx Rising im Test – Charmant aber unbedeutend

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Als der Titel im Rahmen der E3 2019 mit einem malerischen Teaser Trailer angekündigt wurde, hieß er noch „Gods & Monsters“ und sollte ursprünglich Anfang 2020 veröffentlicht werden. Doch nach den katastrophalen Wertungen zum Open-World-Shooter „Tom Clancy’s Ghost Recon Breakpoint“, legte man bei Ubisoft eine Vollbremsung ein. Alle sich in Entwicklung befindlichen Titel wurden auf unbestimmte Zeit verschoben und sollten noch einmal überdacht werden. Die sogenannte Ubisoft-Formel ist kein Erfolgsrezept mehr und das erkannte man scheinbar auch bei Ubisoft. Zumindest keimte in mir die Hoffnung auf, dass Ubisoft sich wieder mehr trauen würde neue eigene Elemente zu erfinden.

Wie sich jedoch die jüngsten Veröffentlichungen von „Watch Dogs: Legion“ und „Assassin´s Creed Valhalla“ zeigen, hat Ubisoft nur minimal an der Formel geschraubt, aber wie sieht es bei „Immortals Fenyx Rising“ aus? Immerhin handelt es sich um eine komplett neue Marke und um keine Fortsetzung. Wie viel Mut haben die Entwickler bewiesen neue Wege zu bestreiten, um ihr Open-World-Erlebnis einzigartig zu machen? Nun, so viel kann ich verraten, verdammt wenig. Viel mehr hat man sich an zwei bekannten und beliebten Marken orientiert. Zum einen dem hauseigenen „Assassin´s Creed Odyssey“ und zum anderen Nintendo´s „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“. Ob dieser Mix nun gelungen ist oder eher nicht, erfahrt ihr im nachfolgenden Test.

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https://youtu.be/TdDgOHiBZ4s

Charmant und lehrreich

In „Immortals Fenyx Rising“ schlüpfen wir in die Haut des Titelgebenden Helden bzw. Heldin Fenyx. Bis zu jenem schicksalhaftem Tag, als schiffbrüchiger auf der goldenen Insel zu stranden, war Fenyx ein unscheinbarer Schildträger, der von Heldentaten träumte. Er war einfach nicht vom Schlag, aus denen Legenden geboren wurden, wohingegen sein Bruder nicht nur die Statur eines Helden besaß, sondern auch noch den Mut. Doch beim Erkunden der Insel stellt Fenyx sehr schnell fest, dass nicht nur sein tapferer Bruder, sondern auch alle anderen Menschen der Insel zu Stein verwandelt wurden. Aber nicht nur die Menschheit wurde verflucht, auch die Götter selbst wurden vom tödlichsten Titanen der griechischen Mythologie in die Knie gezwungen. Das Schicksal der goldenen Insel liegt nun in den Händen des jungen Fenyx der zögernd und ängstlich das legendäre Schwert des Achilleus ergreift, die Axt von Atalante findet und sich den Bogen des Odysseus zu eigen macht. Bewaffnet und mit den Gaben der Götter ausgestattet muss Fenyx die Macht der Götter wiederherstellen und sich dem Titanen Typhon in einem alles entscheidenden Kampf stellen.

Während die Geschichte sehr schnell erzählt ist und auch sonst keine überraschenden Wendungen zu bieten hat, ist es doch der charmante und witzige Stil, der zu gefallen weiß. Die Geschichte rund um Fenyx und seinem Abenteuer auf der goldenen Insel wird nämlich vom Titanen Prometheus erzählt, dem niemand geringerer als der Göttervater Zeus selbst lauscht. Natürlich ist Zeus kein stiller Zuhörer und gibt zu fast jeder Aussage von Prometheus seinen Senf dazu. Daraus resultiert ein dynamisches Gespräch, das aus humorvollen aber auch sehr lehrreichen Phrasen besteht. Wirklich schön ist, dass die beiden Streithähne aus dem Off auf die vielfältige Open-World eingehen und unsere Erkundung kommentieren. So bereichern sie uns mit einer Geschichte zu dem Argonauten Jason, wenn wir auf das goldene Vlies stoßen oder haben witzige Anekdoten parat zu den unzähligen Eskapaden der Götter. Vor allem finde ich es sehr schön, dass die griechische Mythologie original getreu wiedergegeben wird und zwar in einem kindgerechten Stil, sodass man auch guten Gewissens mit den kleinen zusammen spielen kann.

Assassin´s Odyssey of the Wild

Spielerisch setzt man auf bekanntes. Wie bereits erwähnt setzen sich die spielerischen Elemente aus den beiden Titeln „Assassin´s Creed Odyssey“ und „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“ zusammen, ohne dabei großartig neue Akzente zu setzen. Hat man beide Spiele schon einmal selbst gespielt, dann fühlt man sich direkt heimisch. Die Gameplay Aspekte beider Titel fließen in einander über. Zu Beginn kann man sich in einem überschaubaren Charakter-Editor einen Helden bzw. eine Heldin basteln. Danach folgt eine kleine Tutorial Insel, auf der man die Grundlagen des Spiels kennen lernen darf. Spielerisch fühlt sich der Titel mehr nach „Assassin´s Creed Odyssey“, als nach „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“ an. Bewegung, Animation, Steuerung und Kampfsystem sind direkt aus „Odyssey“ übernommen worden, wobei einige Elemente von „Breath of the Wild“ miteingeflossen sind.

Über die Schultertasten kontrollieren wir leichte (Schwert) sowie schwere (Axt) Angriffe und können per Knopfdruck gegnerischen Angriffen ausweichen. Dabei vollzieht der Held einen Rutsch zur Seite, um nicht getroffen zu werden. Weichen wir kurz vor einem bevorstehenden Treffer aus, so setzt ein Zeitlupen-Effekt ein, der uns einen Vorteil verschafft. Darüber hinaus können wir auch gegnerische Angriffe parieren, doch Vorsicht vor rot glühenden Angriffen, diesen kann man nur ausweichen. Durch schwere Angriffe, perfekte Paraden und göttlichen Fähigkeiten wie den Hammer des Hephaistos, der mit voller Wucht den Boden erschüttert, kann man zudem die Haltung der Feinde brechen. Ist die Haltung einmal gebrochen, stehen sie uns für einen kurzen Augenblick benommen und somit schutzlos gegenüber. Auch ein Angriff aus dem Hinterhalt ist möglich und verursacht beim Ausführen einen kritischen Schaden.

Sind die Kämpfe anfangs noch spannend, strapazieren sie mit zunehmender Spielzeit irgendwann die Nerven. Es steckt einfach zu wenig Variation dahinter, trotz vier göttlicher Angriffe, fühlen sich die Kämpfe immer gleich an. Erschwerend kommt hinzu, dass wir immer wieder mit den gleichen Feindtypen konfrontiert werden, die nur durch ihre farbliche Darstellung mehr einstecken sowie austeilen können. Wer seine Hoffnung jetzt zumindest auf spannende und trickreiche Bosskämpfe setzt, den muss ich leider enttäuschen, denn die Großzahl ist nur eine größere Variante von bereits bekannten Feinden. Gerade hier hätte man sich etwas Besonderes einfallen lassen müssen, aber die Kreativität und Priorität lag woanders.

Endlich ein Entdecker

Das Hauptaugenmerk der Entwickler lag wohl in der Erkundung der Welt sowie den zahllosen Rätseln. Endlich verlässt man zumindest zum Teil den zertrampelten Pfad der Ubisoft-Formel und lädt den Spieler zum Erkunden ein. Öffnet man die Karte, dann sieht man zu zunächst alle Regionen in Nebel gehüllt. Erst wenn wir die majestätisch in den Himmelragenden Statuen der vier Götter Aphrodite, Ares, Hephaistos und Athene erklommen haben, wird der Nebel gelichtet. Statt euch ab dieser Stelle wie in „Assassin´s Creed“ alles Interessante mit einem Fragezeichen auf dem Präsentierteller zu servieren, müsst ihr selbst eure Augen offen halten. Per Knopfdruck können wir jederzeit in die Ego-Perspektive wechseln und interessante Orte wie Truhen, Rätsel, Ambrosia-Steine oder Tartaros-Gruben entdecken. Zudem werden uns diese interessanten Orte auf der Karte angezeigt, sobald wir nah genug daran vorbeilaufen. Hierdurch entsteht ein angenehmer Sog, der uns die Spielzeit schnell vergessen lässt.

In Truhen entdecken wir nicht nur neue Ausrüstungsgegenstände, die unterschiedliche Boni wie stärkere Angriffe, mehr Ausdauer oder höhere Kombozähler bieten, sondern auch Materialien, um die Ausrüstung zu verbessern. Auch Feinde hinterlassen blaue Steine, die zum Upgraden der Ausrüstung genutzt werden kann. Zudem lassen sich auch neue Farbmuster für Waffen und Rüstung finden, sodass es sich immer wieder belohnend anfühlt eine Kiste zu öffnen. Während einige Kisten einfach in der Umgebung gefunden werden können, müssen viele auch erkämpft werden. Sei es durch das Lösen eines Rätsels oder auch durch den Kampf mit unterschiedlichen Feinden. Gerade bei den Rätseln haben sich die Entwickler was einfallen lassen, wobei auch hier die Kreativität aufgrund der schieren Quantität zu bröckeln scheint. Mal müssen einfache Bodenschalter betätigt werden, die durch unterschiedliche Gewichte ausgelöst werden, Mal müssen Kugeln über Bahnen gestoßen werden, Mal müssen wir Fackeln mit Pfeil und Bogen entzündet werden, wobei der Pfeil wie in „Assassin´s Creed“ von uns gelenkt werden kann und an anderer Stelle müssen wir ein Schiebepuzzles lösen, indem wir die vier Bildstücke richtig zusammensetzen. Es gibt eine Vielzahl an Variationen von Rätseln, die zwar unseren Grips erfordern, jedoch zu keinem Zeitpunkt überfordern.

Her mit dem Upgrade

Wie bereits erwähnt lassen sich unsere Ausrüstungsgegenstände im Laufe des Abenteuers verbessern, sodass wir deutlich mehr Schaden austeilen, aber auch einstecken können. Darüber hinaus lassen sich auch andere Upgrades vollziehen. Finden wir genug Ambrosia-Steine, dann kann die Gesundheitsanzeige vergrößert werden, mit Zeus Blitzen, die wir am Ende eines Tartarus-Gewölbes erhalten, vergrößern wir die Ausdaueranzeige, die wie in „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“ bei vielen Aktionen wie rennen, klettern oder gleiten verbraucht wird und zu Beginn des Abenteuers stark die Erkundung einschränkt. Die Tartarus-Gewölbe sind kleine Dungeons, in denen wir mit unterschiedlichen Rätseln und teilweise Bossgegnern konfrontiert werden. Für bestimmte Herausforderungen wie Schiebepuzzles, Rennen oder Odysseus Schießübungen erhalten wir zudem Charons-Münzen, mit denen wir Fenyx Fähigkeiten verbessern können. So können wir zum Beispiel das Springen beim Klettern freischalten oder schnelleres schwimmen oder aber stärkere Angriffe unserer Gottes-Fähigkeiten. Und als letztes dürfen natürlich nicht die Tränke vergessen werden. Dank unterschiedlicher Pflanzen können wir uns Heiltränke und vorübergehende Stärkungstränke brauen. Zudem lässt sich selbst verständlich die Kapazität der Tränke sowie des Köchers erweitern. Ziemlich viele Upgrades, die jedoch allesamt dazu motivieren die Welt zu erkunden und Rätsel zu lösen.

Schöne neue Welt für langen Atem

Die Welt von „Immortals Fenyx Rising“ mag zwar nicht wirklich originell sein, jedoch strotzt diese vor Charme und wunderschönen malerischen Kulissen. Wenn man die Prolog-Insel man außen vor lässt, dann gibt es vier thematisch an die Götter angepasste Landschaften zu erkunden. Während Aphrodites Gebiet mit sattgrünen Wiesen und farbenfrohen Blumen erstrahlt, laufen wir im Gebiet des Ares durch karge Ruinen und staubige Ödnis. Bei Hephaistos stoßen wir auf seltsame Maschinen und selbstverständlich auf eine riesige Schmiede, welche die Umgebung dominiert. Im Mittelpunkt der goldenen Insel entdeckt man die Vulkangebirge des Titanen Typhon und im Norden winken die schneebedeckten Höhen des Olymps.

Doch so schön und vielfältig die Welt auch visuell sein mag, so schnell öde wird sie auch. Das liegt vor allem an der Quantität der Dinge. Wie so üblich pflastern die Entwickler gefühlt jeden Quadratzentimeter mit Truhen, Sammelgegenständen und Rätseln zu, dass es irgendwann zu viel wird. Sowohl Kampfsystem als auch Rätsel machen anfangs noch Spaß, doch wenn das komplette Gameplay über einen Zeitraum von knapp 25 Spielstunden und darüber hinaus nur aus kämpfen und Rätseln besteht, dann wird aus Spielspaß plötzlich Arbeit und sobald man diesen Status erreicht hat, macht einem selbst die amüsante Story keinen Spaß mehr. Auch bei „Immortals Fenyx Rising“ klammert sich Ubisoft noch viel zu streng an die Ubisoft-Formel und verpasst es dadurch der neuen Marke frischen Aufwind zu verleihen. Erneut steht Quantität vor Qualität im Vordergrund, wodurch der Titel strauchelt und nicht über den Mittelmaß hinaus reicht.

Fazit

Für mich persönlich ist „Immortals Fenyx Rising“ enttäuschend. Endlich trauen sich die Entwickler von Ubisoft an eine neue Marke, statt eine weitere generische Fortsetzung zu entwickeln und es kommt nicht viel mehr dabei heraus als ein weiteres generisches Produkt. Zwar punktet der Titel durch seine charmante Inszenierung und humorvollen Erzählung, doch spielerisch fühlt er sich an wie ein Spin Off der aktuellen „Assassin´s Creed“-Generation. Erneut steht Quantität vor Qualität im Vordergrund und verdrängt meinen Spielspaß ins Abseits. Nach knapp 10 Stunden Spielzeit fühlten sich die Aufgaben, die gefühlt an jeder Ecke auf einen warten, viel mehr nach Arbeit als nach Spiel an. Natürlich kann ich dem Spiel eine gewisse Sogwirkung nicht absprechen, auch ich saß vor dem Bildschirm und wollte noch den einen Ambrosia-Stein aufsammeln, noch schnell eine Truhe öffnen oder ein Rennen starten, aber im Prinzip wiederholt man immer wieder dieselben Arbeitsabläufe immer und immer wieder. Es mangelt an Abwechslung was sich nicht nur in der mangelnden Vielfalt der gegnertypen wiederspiegelt, sondern auch am Kampfsystem und den Rätseln. Weniger ist manches Mal mehr und aus diesem Grund vergebe ich:

6 von 10 Punkten